Focus

Demenzkranke und ­ihre Angehörigen

Religion ist für viele Demenzkranke eine Ressource, sagt die Spitalseelsorgerin ­Sabine Zgraggen (53). Denn Rituale geben Menschen auch dann Halt, «wenn das ­Gedächtnis rückwärts gelöscht wird». 

Raphael Rauch: Was bedeutet Demenz für die Seelsorge?
Zgraggen: Zunächst einmal das Wissen darum, dass rund 150 000 Menschen in unserer Gesellschaft Direktbetroffene sind. Wenn man pro Erkrankten noch fünf Angehörige dazu rechnet, haben wir viele Menschen, die davon betroffen sind. In jeder Pfarrei sind viele krank! Die Angehörigen, die die Last und Auswirkungen tragen müssen, sollten uns aufwecken. 

Was ist zu tun?
Zgraggen: Die Seelsorgenden brauchen ­Fortbildungen in diesem Bereich und Wachsamkeit. Eine demenzfreundliche Pfarrei mit ­spezifischen Angeboten könnte zur Enttabuisierung beitragen. 

 «Demenzfreundlich» – verharmlost das nicht eine Krankheit, die Menschen zum Teil aus dem Leben reisst?
Zgraggen: Unter einer demenzfreundlichen Pfarrei verstehe ich, dass es eine gewisse Kompetenz im Umgang mit Demenzkranken gibt und ihnen konkret geholfen wird. Demenz ist umgangssprachlich ein Synonym für Vergesslichkeit. Das reicht für die komplexen Krankheitsbilder nicht. Mit der Krankheit gehen schleichend Persönlichkeitsveränderungen einher. Demenzkranke kann man nicht in eine Schublade stecken. 

Was können Pastoralteams machen – ausser Fortbildungen besuchen?
Zgraggen: Die Angebote der Kirchen für Gläubige sind schon heute sehr vielseitig. Sie könnten auf Angehörige von Demenzbetroffenen ausgeweitet werden, denn diese brauchen Entlastung. Auch die Liturgie gibt mit ihren bekannten Abläufen lange Halt. Ein Fahrdienst könnte Demenzerkrankte abholen, damit sie weiterhin am Gottesdienst-Ritual teilnehmen können. 

Sabine Zgraggen (53) leitet die Spital- und Klinikseelsorge der katholischen Kirche im Kanton Zürich. Das vollständige Interview unter: https://www.kath.ch/newsd/sabine-zgraggen-wir-duerfen-demenzkranke-und-ihre-angehoerigen-nicht-vergessen/