Editorial

Ein sommerliches ­Mediengewitter

Bischof Felix Gmür und die Bistumsleitung haben aufreibende Tage hinter sich. Aus dem gespannten, aber eigentlich ruhigen Zuwarten auf den angekündigten Schlussbericht zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und Erwachsenen in der Schweiz erwuchs unvermittelt ein tosendes Medien­gewitter. Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz musste öffentlich Verfahrensfehler beim Umgang mit einem Missbrauchsfall aus den 1990er-Jahren zugestehen. In einem Schreiben an Seelsorgende, Katechetinnen und Katecheten RPI und die Präsidentinnen und Präsidenten der kantonalen staatskirchrechtlichen Exekutiven vom 28. August schreibt Felix Gmür: «Die letzten Tage waren turbulent. Die Berichterstattung im ‹Beobachter› vom 18. August 2023 über gemeldete sexuelle Übergriffe gegenüber einer Minderjährigen und der Umgang im Bistum damit haben aufgeschreckt.»

Der «Beobachter» hat einen Missbrauchsfall in die Schlagzeilen gehievt, bei dem weder der zuständige Offizial noch der Bischof die damit verbundenen Akten an Rom weitergegeben hatten. Eine Unterlassung, die nun ihre Folgen zeigt. Luc Humbel, Präsident der Aargauischen Landeskirche, forderte, ausgelöst durch die jüngsten Ereignisse, eine administrative Untersuchung. Bischof Gmür erklärt in seinem Schreiben, dass er veranlasst habe, eine «externe Untersuchung durchzuführen, um kirchenrechtliche Fehler eindeutig zu identifizieren und sicherzustellen, damit sich diese in Zukunft nicht wiederholen». In diesem Zusammenhang ergänzt er: «Dazu leitete ich in der vergangenen Woche die Auftragserteilung an unabhängige Expertinnen und Experten ein.» Es sei sein «erklärtes Ziel», begangene Fehler anzuerkennen, sie zu beheben und zukünftig zu vermeiden. 

Ich bin froh, dass sich der Bischof rasch zu Wort gemeldet hat. Ob dabei kommunikativ alles optimal verlaufen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Etwas ist jedoch sicher: Ein Schweigen oder Aussitzen hätte fatale Folgen gehabt. Das Gewitter ist jedoch noch nicht vorbeigezogen, es kann jederzeit wieder auf dem Radar erscheinen.

 

Mit freundlichen Grüssen 

Reto Stampfli