Editorial

Schöne neue Welt

Aussagen und Zitate zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) findet man zuhauf und in unterschiedlichsten Ausrichtungen. Es gibt Skeptiker, die KI in ihrer möglichen Auswirkung mit der Atombombe vergleichen; doch man findet auch Stimmen, die davon überzeugt sind, dass ein Leben ohne KI in Zukunft nicht mehr möglich sein wird. Beeindruckt hat mich in diesem Zusammenhang eine Feststellung des 2018 verstorbenen Physikers Stephen Hawking, der in einem Interview bemerkte: «Nachdem wir das Feuer erfunden hatten, haben wir uns ein paar Mal dumm angestellt und dann Feuerlöscher erfunden. Bei mächtigeren Technologien wie hoch entwickelter KI sollten wir uns vorher Gedanken machen und grosse Mühe geben, gleich alles richtigzumachen. Denn womöglich haben wir nur diese eine Chance.» Der berühmte englische Gelehrte und Cambridge-Professor plädierte bereits vor über zehn Jahren für einen verantwortungsbewussten Umgang mit fortschrittlichen Technologien. Die Entwicklung und Implementierung von hochentwickelter KI sollte nach seiner Ansicht sorgfältig und ethisch verankert gestaltet werden. 

Eine ähnliche Position vertritt der Luzerner Theologe und Ethiker Peter G. Kirchschläger. Er ist überzeugt, dass es dazu eine globale Behörde braucht, die beitragen kann, gemeinsame Standards für KI-Entwicklung und -Anwendung zu schaffen. Er denkt dabei an eine Art Menschenrechtskonvention, die ethische Fragen und Herausforderungen klärt, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz, Bias, Transparenz, wirtschaftliche Interessen und Verantwortlichkeit. Für Kirchschläger ist die Verhinderung von Missbrauch ein zentrales Thema. Ein internationales Gremium könnte versuchen, den Missbrauch von KI-Technologien zu verhindern, sei es zum Beispiel im Bereich von autonom agierenden Waffensystemen. Eine ausgewogene und umfassende Diskussion auf internationaler Ebene ist auf jeden Fall notwendig, um die «schönen Seiten» von KI zu fördern, aber auch der Sprengkraft dieser neuen Technologie bewusst zu begegnen. Ansonsten könnten wir uns auf einmal in einer Welt wieder­finden, die der englische Autor und Philosoph Aldous Huxley bereits 1932 in seinem dystopischen Roman «Schöne neue Welt» eindrücklich beschrieben hat, eine Welt, in der Technologie und Wissenschaft die Gesellschaft umfassend kontrollieren. Eine Welt, in der es keine Feuerlöscher gibt und der globale Brandherd ausser Kontrolle geraten ist. 

Mit freundlichen Grüssen 

Reto Stampfli