Keine Osterbotschaft aus dem bischöflichen Chur

Am Ostermontag teilte das Bistum Chur der Öffentlichkeit mit, dass Diözesanbischof Vitus Huonder vorerst noch im Amt bleibt. Martin Werlen, Alt Abt von Einsiedeln, äussert sich in einem Gastkommentar für kath.ch kritisch zum Kommunikationsstil des Bistums.

 

P. Martin Werlen:

Am Ostermontag verbreitete der Beauftragte für Medien und Kommunikation des bischöflichen Ordinariats Chur folgendes Communiqué: "Bischof Vitus Huonder und die Bistumsleitung bleiben im Amt, bis die Nachfolge des Bischofs geregelt ist. Aus diesem Grund ist der Termin, an dem die Amtszeit von Bischof Vitus Huonder als Bischof von Chur endet, noch nicht bekannt."

Offensichtlich ist Ostern am Hof in Chur noch nicht angekommen. Selbstverständlich ist es möglich, dass die Kommunizierenden die Gründe nicht kennen, warum die Amtszeit 2017 auf zwei Jahre verlängert wurde - und jetzt noch einmal auf unbestimmte Zeit. Sie mögen sich verteidigen mit dem Argument, dass sie auch nicht mehr wissen.

"Wo ist die Sorge für die Menschen?"

Aber wer an Ostern kommuniziert, kann nicht ein solches Communiqué in die Welt setzen. Selbst diese kurze Mitteilung könnte als Osterbotschaft ankommen. Die Absender wissen, dass die Information für die meisten Getauften in unserem Land fast unerträglich ist. Wo ist die Sorge für die Menschen?

Vor zwei Jahren wurde die Verlängerung als Sieg gedeutet für die kleine Gruppe, die sich dafür einsetzt, dass in der Kirche alles beim Alten bleibt. Denjenigen, die die überraschende Dynamik der Auferstehung Jesu Christi auch in der Kirche leben möchten, wurde und wird Unglaube vorgehalten.

"Solche Absender sind nicht ernst zu nehmen."

Und jetzt kommt von oben herab ein Communiqué, das verrät, dass sich die Absender für die grosse Mehrheit der Adressaten nicht einmal interessieren. Welche Tragik! Jede Fachperson in Kommunikationswissenschaft weiss, dass solche Absender nicht ernst zu nehmen sind. In der Kirche dürften sie nicht kommunizieren.

«Wir bleiben, weil wir glauben» (Silja Walter). In der Auferstehung Jesu Christi wird alles neu. Beten wir, dass die Absender des Communiqués in diese Dynamik hineingenommen werden und stärken wir einander in der Hoffnung, dass auch am Hof in Chur nicht alles beim Alten bleibt, sondern möglichst bald Ostern wird.

 

 

Die schwierige Suche nach einem Priester für den Bischofssitz Chur

Der Bischofskongregation in Rom fällt es offensichtlich schwer, drei Priester aus dem Bistum Chur zu finden, die als Nachfolger von Bischof Vitus Huonder in Frage kommen. Das sagt der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. Heute fehle es an "geeigneten Priestern". Er rechnet mit einer "längeren Hängepartie" bis zur Wahl des neuen Bischofs in Chur.

Georges Scherrer (kath.ch)

 Bischof Vitus Huonder und die Bistumsleitung bleiben im Amt, bis die Nachfolge des Bischofs geregelt ist. Das teilt das Bistum am Montag in einem Communiqué mit. Am Ostersonntag feierte Vitus Huonder seinen 77. Geburtstag.Der Papst habe es ein zweites Mal verpasst, mit der Einsetzung eines Apostolischen Administrators vor dem Amtsantritt des Nachfolgers von Bischof Huonder das polarisierte Bistum Chur zu befrieden, meint Schüller.Offensichtlich bekunde die Bischofskongregation grosse Probleme mit der Besetzung des Bischofsstuhls von Chur, sagt Schüller, der das Prozedere bei der Ernennung von Bischöfen seit Jahren aufmerksam beobachtet.

 Zu belastendes Amt

 "Für das Bistum Chur braucht es einen neuen Bischof, der nach der schwierigen Amtszeit von Bischof Huonder das Bistum wieder zusammenführt", so Schüller. Möglicherweise wollten Kandidaten, welche auf der "Dreierliste" von valablen Priestern stehen, die der Nuntius zuhanden des Vatikans aufstellt, lieber Pfarrer bleiben und die Wahl nicht annehmen. Gemäss Schüller kann in verschiedensten Bistümern auf der ganzen Welt beobachtet werden, dass anvisierte Kandidaten dieses Amt "als zu belastend" ansehen.

Aus freiem Willen Bischof werden

 Der heutige Bischof des Bistums Lausanne-Genf-Freiburg, Charles Morerod, erklärte beispielsweise mehrmals vor der Annahme seiner Wahl, als er noch Professor in Rom war, dass er dieses Amt nicht übernehmen wolle. Er tat es schliesslich aus "Gehorsam" dennoch. Es dauerte über ein Jahr, bis Morerod nach dem Tod seines Vorgängers Bernard Genoud (21. September 2010), zum Bischof ernannt wurde.Dass ein Priester aus Gehorsam das Bischofsamt in Chur übernehme, "wäre keine gute Lösung", meint Schüller. Der freie Wille des Menschen solle auch in Bezug auf die Wahl zum Bischof gelten.

Stillstand vermeiden

Die schlechteste Lösung für Chur wäre es jedoch, wenn ein Kandidat gewählt würde, der einer bestimmten Gruppierung angehört. "Das wäre eine aporetische (zweifelhafte, d. Red.) Situation. Es kann nicht angehen, dass ein Bischof, der nur von einem ganz kleinen Teil der Gläubigen akzeptiert wird, eingesetzt wird."So etwas wäre "Stillstand pur". In Chur habe die Einsetzung der umstrittenen Bischöfe Wolfgang Haas und Vitus Huonder über einen langen Zeitraum hinweg zu einem pastoralen Stillstand geführt. Schüller geht davon aus, dass jene Personen, welche den neuen Bischof bestellen müssen, sich dieser Situation bewusst sind.

Apostolischer Administrator hätte Luft verschafft

Schüller verweist auf Erfahrungen im Bistum Limburg, wo er wohnt. Dort sorgte Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst für einen handfesten Finanz-Skandal, der schliesslich zu seiner Absetzung führte. Der Vatikan setzte daraufhin einen Apostolischen Administrator ein. Der emeritierte Bischof des benachbarten Erzbistums Paderborn, Manfred Grothe, habe in Limburg als Apostolischer Administrator "in drei Jahren hervorragende Arbeit geleistet, die Leute befriedet und Vertrauen aufgebaut". Danach wurde der neue Bischof bestimmt.

Aus der Sicht des Münsteraner Kirchenrechtlers wäre es auch für das Bistum Chur eine Lösung gewesen, wenn beispielsweise ein emeritierter Bischof aus einem anderen Bistum oder eine andere geeignete Person in einer Übergangszeit das Bistum als Apostolischer Administrator begleitet hätte. In Limburg dauerte es drei Jahre, bis Franz-Peter Tebartz-van Elsts Nachfolger eingesetzt wurde. Weil die Amtszeit von Bischof Huonder zum zweiten Mal verlängert wurde, schätzt Schüller, dass es bis zur Bestimmung seines Nachfolgers "eine längere Hängepartie" geben könnte.

Folge des Priestermangels

Priester zu finden, die bereit seien, wenn sie denn gewählt werden, dieses Amt zu übernehmen, sei heute in vielen Bistümern schwer. Denn es gebe aufgrund des Priestermangels kaum noch geeignete Priester, die für dieses zentrale Amt des Bischofs geeignet seien. Die Bischofskongregation könne in den jeweiligen Bistümern nur noch aus einem "kleinen Personal-Pool" Bischöfe kreieren. Im polarisierten Bistum Chur komme hinzu, dass sich nur wenige Priester zutrauten, "den Dienst der Einheit zu leisten".