Statt Gewinnmaximierung lieber in Menschen investieren

Bonus haben wir alle gerne. Was aber ist mit Malus? Läuft es einmal nicht so gut, beteiligen wir uns dann auch an der «Gesundung» des Unternehmens, des Vereins, der Kirche, der Freunde, der Familie, der Umwelt, der Gesellschaft? Nehmen wir unsere Verantwortung wahr?

Im Privaten sind wir bereit dafür: Wir erhalten seelische Zuwendung und sind glücklich, wenn es rund läuft in der Beziehung und Familie. Wenn es einmal weniger gut läuft, investieren wir Zeit und Energie, geben mehr und nehmen weniger. Das Ziel bleibt: Balance.

Schwalbenkönige an der Bahnhofstrasse

Was aber ist mit der «Hand Gottes» und den vielen Schwalben im Strafraum eines Fussballplatzes, an der Zürcher Bahnhofstrasse und in der Vatikanbank? «Fussball ist ein Kampf. Jedes Team will Tore schiessen und gewinnen. Der eine oder andere Trick ist durchaus legitim», sagte Fussball-Experte Rolf Fringer in einem früheren Interview und macht klar: «Doch die Schwalbenkönige des Fussballs, aber auch der Wirtschaft und der Politik, werden ihre unehrlichen Machenschaften irgendwann in ihrem Leben zurückbekommen. Vielleicht nicht sofort im gleichen Spiel, aber sicher später.» Wie wahr.

Um die Jahrtausendwende arbeitete ich im ersten multimedialen Medienunternehmen der Schweiz, einem Startup mit dem Namen Swisscontent Corp. Wir stellten in einem europäischen Pilotprojekt der Schweizer Post multimedialen Content für Internetportale mit Text, Bild, Audio, Video und Grafik her. Der erste Grossbildschirm der Schweiz im Zürcher Bahnhof wurde durch uns beliefert – rund um die Uhr. Damals hatte ich einen Arbeitsvertrag, der bei gutem Geschäftsgang, guter Teamleistung und guter Einzelleistung einen Bonus von maximal 120 Prozent meines Jahreslohnes ermöglichte, aber auch auf 90 Prozent fallen konnte, wenn es im Unternehmen nicht so gut lief.

Vergoldete Fallschirme

Solche Verträge wünsche ich mir auch für Banker und Kirchenbanker, für Verantwortliche von Grosskonzernen und für Politikerinnen. Wenn es einmal schlecht läuft, machen sie sich nicht mit vergoldeten Fallschirmen vom Acker oder verschwinden mit dem Rettungsboot, während der Tanker mit den Mitarbeitenden untergeht. Das hat auch mit Ethik zu tun. Wir tragen Verantwortung – in guten wie in schlechten Zeiten.

Der ungebremste Kapitalismus zeigt seine unschöne Fratze auch in anderen Branchen. Ebenso während der Coronapandemie. Gesundheit, Energie und Wasser sind kein Markt wie Freizeitschuhe, Champagner oder Luxusgüter. Wenn sich wenige am Leid vieler bereichern oder grundlegende Ressourcen plündern, ist etwas faul am «Vertrag» und die Solidarität bleibt auf der Strecke. Es besteht ein Konflikt zwischen privater Profitgier und öffentlichem Allgemeinwohl. Kolonialismus und Missionierung sind da nicht ausgenommen.

In Menschen investieren

Ein Vertrag in diese Richtung war auch die Konzernverantwortungsinitiative und der Gegenvorschlag im Jahre 2020. Die beiden Vorlagen erinnerten die Konzernleitungen an ihre ethische Verantwortung im Umgang mit der Umwelt und dem Menschen. Es geht um Sorgfalt, Gerechtigkeit und Haftung ohne Hintertüre und Fallschirm. Gewinnmaximierung auf «Teufel komm raus» oder «nach mir die Sinnflut» kann nicht oberstes Gebot sein. Götz Werner, Gründer von DM-Drogeriemarkt, verankerte im Leitbild seines Unternehmens einen bemerkenswerten Satz: «Investiere in die Menschen, dann ergeben sich die Zahlen von alleine.»

Gewisse Banker haben da wohl etwas falsch verstanden. Bei ihrem grenzenlosen und egoistischen Hochrisikospiel mit Geldern anderer sind nicht monetäre Investitionen in Menschen gemeint, um mit Motivierung von aussen Leistung zu kreieren. Gefragt sind Investitionen in verbindliche Werte einer Unternehmenskultur, die in der Teppichetage vorgelebt werden und so intrinsische Motivation von innen heraus auslösen.

Geld für Tore

Es mag rührend klingen, wenn der ehemalige Fussballer Marco Schneuwly erzählt, er habe von seiner Grossmutter fünf Franken für jedes Tor erhalten. Doch die Auswirkungen monetärer Anreize sind grotesk: Als ein Vater seinem Sohn versprach, er erhalte pro Tor fünf Franken und für den Sieg seines Teams zwei Franken, war’s passiert. Der Sohn gab den Ball nicht mehr ab, passte nicht mehr seinen Teamkollegen und wollte nur noch eines – sein Tor schiessen und abkassieren. Geldverdienen und Leistung sind eben nicht dasselbe – auch bei Fussballern nicht und schon gar nicht bei Bankern.

* Thomas Vaszary ist freier Journalist und lebt in Nidwalden.