Trauer um einen grossen katholischen Journalisten: Hermann Schlapp wuchs im Churer Schloss auf

Der Churer Hof gilt nicht gerade als kinderfreundlich. Unter den Bischöfen Wolfgang Haas und Vitus Huonder herrschte gar ein eisernes Regiment, das auf Abschottung setzte und nicht auf Öffnung. Früher war das anders. Unter Bischof Christian Caminada lebte sogar eine Familie unter einem Dach mit dem Bischof.

Billard spielen mit dem Bischof

In einem autobiographischen Buch erzählt Hermann Schlapp, wie Bischof Caminada hin und wieder eine Runde Billard mit ihm und seiner Freundin spielte. Und wie der Marsölturm einen herrlichen Blick auf die Bischofsstadt bietet.

In den Genuss dieses exklusiven Mietsverhältnisses kam die Familie Schlapp dank Bischof Caminada persönlich. Der machte Schlapps Vater 1947 den Vorschlag, in eine leerstehende Vier-Zimmer-Wohnung im Schloss zu ziehen. 

Statt Nestwärme gab’s unter Haas und Huonder Eiseskälte

«Ich habe ein viel zu grosses Haus. Da hat noch eine ganze Familie Platz darin», soll Caminada gesagt haben. Wie Schlapp berichtet, nahm sein Vater das Angebot gerne an. Denn er arbeitete als Lehrer an der Bündner Kantonsschule und hatte einen Herzfehler. Jeder Meter weniger zur Arbeit tat da gut.

Später kritisierte Schlapp, dass statt Nestwärme vom Churer Hof nur noch Eiseskälte ausgehe. Bischof Vitus Huonder lebe «weit weg vom Volk» und abgeschottet. Das «Bündner Tagblatt» zitierte Schlapp 2012 mit den Worten: «Es ist kalt geworden auf dem Hof, eiskalt.» 

Über Ernst Fuchs’ Ernennung zum Domherren hätte sich Schlapp gefreut

Ebenfalls konstatierte Schlapp, dass fähige Priester wie Andreas Rellstab, Albert Gasser und Ernst Fuchs keine Kraft mehr hätten. «Wenn so viele gute Leute gehen, dann kann es nicht nur an diesen liegen.» Ernst Fuchs’ Ernennung zum Churer Domherren hat Hermann Schlapp nicht mehr mitbekommen. Doch er hätte sie sicher begrüsst.

Nach der Matura 1957 im Benediktiner-Internat in Disentis strebte Hermann Schlapp den Beruf des Journalisten an. Sieben Jahre lang war er Bonn-Korrespondent.

Von 1979 bis 1982 leitete er die «Tagesschau». Später ging er zur CVP-nahen Luzerner Tageszeitung «Vaterland», wo er bis 1987 blieb. Er wollte die Tageszeitung «toleranter, wertkonservativer und christlicher» ausrichten. Er vergrösserte auch den Bild-Anteil der Zeitung. 

Hansruedi Huber würdigt Schlapp

Später engagierte sich Schlapp in der journalistischen Aus- und Weiterbildung. Als Lehrbeauftragter am Medienausbildungzentrum (MAZ) in Luzern und im Departement Soziologie und Medien an der Universität Freiburg brachte er den Studierenden das journalistische Handwerk näher. Sein Buch «Einstieg in den Journalismus» gilt als Standardwerk. 

«Hermann Schlapp habe ich das journalistische Handwerk zu verdanken und bedaure seinen Hinschied sehr», sagt Hansruedi Huber, der Sprecher des Bistums Basel.

«Stets mit Übersicht und einem schalkhaften Lächeln im Gesicht hat er uns damals die journalistischen Grundformen vermittelt und zu einer pointierten und süffigen Schreibe motiviert. Sein Buch ‘Einstieg in den Journalismus’ habe ich heute noch.»

Katholisch sein und ein guter Journalist sein

Auch Mario Galgano, der frühere Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz und heutige Redaktor von «Vatican News» in Rom, trauert um Hermann Schlapp. «Hermann Schlapp war ein aussergewöhnlicher Dozent, weil er an der Uni Freiburg dozierte, obwohl er gar kein Professor im eigentlichen Sinne war», sagt Mario Galgano.

«Für angehende Journalistinnen und Journalisten, insbesondere für katholische Redaktoren, trat er als Praktiker hervor», sagt der in Rom lebende Journalist. «Man kann sowohl katholisch sein und gleichzeitig ein guter Journalist. Das eine schliesst das andere nicht aus. Diese Verbindung verkörperte er und brachte uns das bei. Er war freundlich und fair, aber gleichzeitig professionell klar.»

«Er war ein profilierter Journalist»

Auch der Luzerner Chorherr Stephan Leimgruber schätzte Hermann Schlapp: «Er war ein profilierter Journalist, der mit Tagesschau und Vaterland wichtig publizistische Organe geleitet hat.»

Am 17. November ist der profilierte Journalist im Alter von 86 Jahren verstorben. Am Samstag, 26. November, hat ihn mit Pater Pirmin Gnädiger ein Benediktiner seiner einstigen Schule beerdigt. (kath.ch)