
Reto Stampfli | Chefredaktor
Editorial
Von Profis und Laien
Ich möchte engagierten Laienschauspielerinnen und -schauspielern nicht zu nahe treten, doch es ist zweifellos festzustellen, dass ihre Bühnenpräsenz auf einer anderen Voraussetzung und Erwartungshaltung des Publikums aufbaut als bei den Profis. Professionelle Schauspieler stehen regelmässig auf der Bühne und können meistens auf eine langjährige Ausbildung zurückblicken. Das soll jedoch nicht heissen, dass eine Laientheatervorstellung nicht auch einen hohen künstlerischen Wert aufweisen kann, doch in der Regel erwartet man vom Volkstheater weniger als von einer professionellen Inszenierung.
Auf die katholische Kirche lässt sich dieses Bild nicht übertragen. Hier haben die Laien oft dieselbe fundierte Ausbildung wie geweihte Kirchenleute. In der Gestaltung von Gottesdiensten, in der Katechese und auch in Leitungsaufgaben übernehmen immer mehr qualifizierte Laien wertvolle Aufgaben. Sie dürfen auf keinen Fall nur als Mitarbeiter des Klerus betrachtet werden, sondern als wirkliche Mitverantwortliche des Seins und Handelns der Kirche. Der besondere Auftrag der Laien besteht laut Zweitem Vatikanischem Konzil (1962–1965) darin, nach Art des Sauerteiges die Welt von innen her zu gestalten. Diese Aufgabe wird nicht erst durch die Kleriker an die Laien delegiert, sondern ist deren eigene und ursprüngliche Sendung aufgrund der Taufe, ihr Recht und ihre Pflicht in der Nachfolge Christi.
Auch die in dieser Nummer des «Kirchenblatts» vorgestellten Diözesanen Räte berufen sich auf das Mitspracherecht der Nichtgeweihten. Sie tragen seit über 50 Jahren in verschiedenen Bereichen dazu bei, dass ein konstruktiver Austausch mit der Bistumsleitung garantiert ist. Ja, ohne Laien ginge heute vermutlich in vielen Bereichen gar nichts mehr, dass sehen auch die meisten Kleriker ein. In anderen Ländern sieht das jedoch noch ganz anders aus: Da kann man sich kirchliche Laien in verantwortungsvollen Positionen nicht einmal vorstellen und jede Art von sinnvoller Mitwirkung wird sabotiert. Ob diese Länder den Idealzustand darstellen – wie ihn oft auch gewisse römische Kreise definieren – das wage ich mehr als nur zu bezweifeln. Ich erlebe in unseren Kirchen Laien oft als fantasie-
volle und engagierte Zeitgenossen und zum Glück höchst selten als unterbewertete, zweitklassige Nebendarsteller.