Aktuelle Nummer 23 | 2025
02. November 2025 bis 15. November 2025

Editorial

Kirche(n) privatisieren?

Mit dem Basler Konkordat von 1828 wurde Solothurn wie vom Kanton ausdrücklich gewollt Bischofssitz. Der Stand Solothurn verpflichtete sich völkerrechtlich, die Löhne für die drei Solothurner Domherren und einen Teil des Bischofsgehalts zu übernehmen. Das Bistum Basel, d. h. auch die bischöflich verfasste römisch-katholische Kirche mit dem Papst an der Spitze, wurde als öffentlich-rechtliche Institution anerkannt, wie dies später auch bei der reformierten und christkatholischen Kirche geschah. 

Ein aktueller Vorstoss von 28 Kantonsrätinnen und -räten fordert, den Beitrag des Kantons Solothurn an das Bistum Basel einzustellen – mit der Begründung, Kirche und Staat müssten heute strikt getrennt sein. Dabei wird ignoriert, dass die römisch-katholische Konfession bis heute die grösste Glaubensgemeinschaft im Kanton Solothurn ist. Ausserdem gibt es im Kanton Solothurn bereits eine freundschaftliche oder «hinkende» Trennung – anders als mit der strikten und religionsignorant-unfreundlichen Separation in Genf oder Neuenburg, wo die Kirchen finanziell stark unter Druck stehen.

Die drei öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen im Kanton Solothurn bieten neben ihrem Hauptzweck, dem Gottesdienst, noch weit mehr: Sie schaffen Heimat, leisten soziale Hilfe, vermitteln Sinn, stellen Räume für die Gemeinschaft zur Verfügung und prägen das Ortsbild – Leistungen, die der Staat weder ersetzen noch in gleicher Qualität anbieten kann. Eine vollständige Trennung würde die gesellschaftliche Rolle und die finanzielle Ausgangslage der anerkannten Kirchen massiv schwächen und den Staat zwingen, viele dieser Aufgaben – für die Steuerzahlerinnen und -zahler deutlich teurer – selbst zu übernehmen. Es würde weit mehr fehlen, als wir uns dies heute vorstellen können. Oder anders gesagt: Was wäre Solothurn ohne die St.-Ursen-Kathedrale?

Die Kantonsparlamente von Luzern und Zug haben die Streichung der Bistumsbeiträge abgelehnt. Der Solothurner Kantonsrat kann zum Wohle aller das Gleiche tun.

Mit herzlichen Grüssen 
Ihr Urban Fink-Wagner