Focus
Kult
Für mich stellt es sich so dar: Das Wesen des Christentums ist das Christusereignis, das sichtbar wird in der kultischen Feier von Tod und Auferstehung Jesu von Nazareth. Christentum und Kult gehören aufs Engste zusammen. Die Frage nach der Bedeutung des Kultes für die Zukunft des Christentums beschäftigt mich seit vielen Jahren. Wir sehen, dass vieles, was ursprünglich die Kirche mit initiiert hat, mittlerweile auch vom Staat, vom Gemeinwesen übernommen und damit als gesamt-gesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen wird (…). Das heisst nicht, dass diese vielfältigen Bereiche nicht auch weiterhin mit einer kirchlichen Profilierung bedeutsam sind für das Handeln der Kirche. Im Zentrum steht aber doch das, was gerade in der katholischen und auch in der orthodoxen Tradition als Sakramentalität der Kirche bezeichnet wird. Es geht letztlich darum, ob Gott wirklich existiert und ob es irgendeine von Menschen denkerisch erschliessbare und real erfahrbare Möglichkeit gibt, Gott zu begegnen. Diese Annahme, die im Glauben getroffen wird, führt zum Kern des Christentums, der sich in der gottesdienstlichen Feier ereignet (…). Denn nicht der Mensch kann durch seine Anstrengungen die Begegnung mit Gott ermöglichen, sondern nur Gott selbst kann sich dem Menschen vorstellen, sich menschlichem Denken erschliessen und sich auf menschliche Weise erfahrbar machen. Alles andere ergibt sich von daher, auch die Ethik, die Organisation der Religion, ihr Beitrag zum Gemeinwesen usw.
Ohne die »göttliche Initiative« gäbe es keine Begegnung von Gott und Mensch. Und genau das findet sich im Kern der christlichen Kultfeier: Wir feiern in der Liturgie, dass Gott auf den Menschen zugeht und sich erfahrbar macht. Diesen Kult nennt die Kirche die Feier des Pascha-Mysteriums: die Feier von Leben, Sterben und Auferstehen Jesu von Nazareth.