Ein König ohne Wappenschild

Gedanken zum Christkönigssonntag, 25. November 2018 (Johannesevangelium 18,33-37)

Es ist dies schon eine seltsame Konstellation: Da steht ein Wanderprediger als Gefangener und Angeklagter vor Pilatus, einem mächtigen Vertreter der römischen Staatsmacht, und behauptet: «Ich bin ein König.» Und präzisiert, als wolle er die ans Groteske grenzende Situation noch steigern: «Mein Reich ist aber nicht von dieser Welt» (Johannes 18,36-37).

Was sich von aussen her geradezu bizarr ansieht, erleben die, welche sich zu diesem König bekennen, von Anfang an als eine einzige Tragödie. Das hat schon ein Paulus begriffen. Auch er, trotz seines Eifers ein überaus luzider Geist, steht noch ganz unter dem Schock dieser Erkenntnis, wenn er an die Gemeinde von Korinth schreibt:

«Die Juden fordern Zeichen, die Heidenvölker suchen Weisheit. Wir dagegen verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein Ärgernis, für Heiden ein Aberwitz» (1Korinther 1,22-23).

Damit hat sich die Kirche seit ihren Anfängen nicht abfinden mögen. Was sie immer wieder einmal veranlasste, das Königtum Jesu und das Königreich Gottes weltlichen Kriterien anzugleichen und sich entsprechend zu organisieren. Dabei ging es allerdings nicht um die Königherrschaft Jesu, sondern um Herrschaftsansprüche von Kirchenfürsten und Päpsten, welche Löwen und Bären und Adler in ihren Wappenschildern führten. Und die darüber vergassen, dass Jesus selber gar kein Wappen hatte. Sein Hoheitszeichen ist das Kreuz, an dem er verstarb. Weswegen man sich über einen ›Weltenherrscher‹, dessen Lebensweg vom Stall zum Schandkreuz führte, schon sehr früh lustig machte. Die erste uns bekannte Darstellung, die auf den Gekreuzigten Bezug nimmt, ist ein Spottkruzifix aus dem frühen 3. Jahrhundert. Es handelt sich um ein Graffito, das heute im Antiquarium auf dem Palatin in Rom zu besichtigen ist. Die Wandkritzelei zeigt einen Galgen, an dem ein Mann mit einem Eselskopf hängt. Darunter findet sich eine kurze verächtliche Erläuterung: «Alexamenos betet seinen Gott an.» Der besagte Alexamenos, über den wir weiter nichts wissen, als dass er sich offenbar zum Christentum bekannte, soll auf diese Weise lächerlich gemacht werden.

Die ältere Generation wird sich noch an das Lied erinnern, das früher am Christkönigsfest in allen Kirchen gesungen wurde: «O du mein Heiland hoch und hehr, dem sich der Himmel beuget … Christus mein König, dir allein schwör ich die Liebe, bis in den Tod die Treue.» Das Christkönigsfest hat einen Sinn nur dann, wenn wir uns wiederum daran erinnern, was Jesus vor Pilatus erklärte: «Mein Reich ist nicht von dieser Welt.»

Josef Imbach ist Verfasser zahlreicher Bücher. Er unterrichtet an der Seniorenuniversität Luzern und ist in der Erwachsenenbildung und in der Seelsorge tätig.