Vertrauen ist alles

Gedanken zum Sonntag, 27. Mai 2018

Dreifaltigkeitssonntag (Dtn 4,32-34.39-40; Röm 8,14-17; Mt 28,16-20)

 

 «Ich mach Dir noch ein Kreuz auf die Stirne!» sagte mein Vater, wenn wir am Abend zu Bett gingen, oder meine Mutter, wenn ich aus dem Haus ging als Schulbub, später ins Militär, dann ins Studium oder auf Reisen. Manchmal zündete sie auch noch ein Kerzlein an. Ob das alles wirkt? Ich hatte meine Zweifel und nicht selten dachte ich an Magie, wenn ich die vielen Kerzen sah, die in den Kirchen vor den Altären der Heiligen und Maria brannten.

Auch die Jünger sind – so das heutige Evangelium – in Zweifel. Eben zerbrachen mit dem Tod Jesu Zweck und Ziel ihrer Bewegung, dass Jesus der Messias sei, die Römer besiege und vertreibe und neue – auch politische – Machtverhältnisse beginnen. Jesus erinnert sie darum an seinen Gott, der den Tod besiegt. Er erinnert sie daran, dass ihre Bewegung weiter Sinn hat: sie sollen für diesen Gott, der Macht über Leben und Tod hat, Zeugnis ablegen. Dies allein vermag wohl die Zweifel nicht zu beseitigen. Darum macht Jesus die Zusage, dass er „da“ sein wird und mit ihnen in Verbindung bleiben wird.

Was kennzeichnet diese Verbindung? Im Gegensatz zu vielen Apps wie Skype oder Facebook, die aufzeichnen, wo sich Menschen gerade befinden oder die direkte Kontakte herstellen, macht Jesus etwas anderes. Er verabschiedet sich nicht mit einer „Verbindungsapp“, die Sicherheit verspricht, sondern mit dem Angebot, Vertrauen einzuüben – nicht mehr und nicht weniger. Weil dies so schwierig ist, haben die Menschen Zeichen dafür gesucht. Schon bei Abraham oder Jakob finden sie dafür den Segen, später das Zeichen auf die Stirn oder das Anzünden einer Kerze.

Aus diesem Grund habe ich wieder gelernt, meine Eltern, wenn ich verreise, um das Kreuz auf die Stirn zu bitten. Und ich lasse mich immer wieder herausfordern, Vertrauen einzuüben. Heute Nacht fliegt meine Nichte aus Neuseeland zurück nach Hause. Auf den Blick zur Website mit dem Flug verzichte ich. Ich habe eine Kerze angezündet.

Thomas Wallimann-Sasaki ist Theologe und Sozialethiker. Er leitet das Institut für Sozialethik «ethik22» in Zürich und ist Präsident a.i. der Nationalkommission Justitia et Pax der Schweizer Bischofskonferenz.