Churer Bischof besetzt Bischofsrat neu

Bischof Joseph Bonnemain stellt sein neues Team vor. Noch nie war die Churer Bistumsleitung so bunt aufgestellt. Zwei Überraschungen: Jürg Stuker wird Moderator Curiae. Und Brigitte Fischer Züger ist mit Joseph Bonnemain die einzige Promovierte im Bischofsrat. Bislang.

Raphael Rauch

Wer ist Luis Varandas (42)?

Mit Luis Varandas hat sich der Wunschkandidat des Zürcher Synodalrats durchgesetzt. Besonders mit Präsidentin Franziska Driessen-Reding und Synodalrat Raphael Meyer versteht sich Varandas bestens. Er wird neuer Generalvikar für Zürich und Glarus.

Luis Varandas stammt aus Portugal und kam mit 13 Jahren in die Schweiz. Zuerst machte er eine Lehre als Elektromechaniker. Später studierte er Theologie in Chur. Viele junge Priester kennen ihn als Subregens des Priesterseminars: Hier war er von 2011 bis 2015 tätig und bildete einen Gegenpol zum umstrittenen Weihbischof Marian Eleganti, der damals das Priesterseminar leitete. Seit 2015 ist Luis Varandas als Priester im Seelsorgeraum Dübendorf-Fällanden-Schwerzenbach tätig. 2017 übernahm er von Franziska Driessen-Reding das Ressort Migrantenseelsorge im Zürcher Synodalrat.

Wer ist Peter Camenzind (59)?

Peter Camenzind übernahm vor einem Jahr ad interim die Amtsgeschäfte von Martin Kopp. Bischof Peter Bürcher hatte den beliebten Generalvikar im März fristlos geschasst. Nun ernennt Joseph Bonnemain Peter Camenzind ganz offiziell zum Generalvikar für die Urschweiz.

Er stammt aus Alpnach OW und studierte Theologie in Chur, Rom und Innsbruck. In Rom lebte Camenzind im Germanicum – einer Kaderschmiede für Priesteramtskandidaten. Es folgten Stationen in Wädenswil und Bürglen UR. Seit 2018 ist er Pfarrer von Schwyz. Von 2004 bis 2018 war er nichtresidierender Domherr und seit 2018 ist er Standesdomherr des Kantons Schwyz.

Wer ist Jürg Stuker (50)?

Sein Name ist eine Überraschung: Selbst Insider hatten den Pfarrer von Oerlikon nicht auf dem Schirm. Von Jürg Stuker ist wenig bekannt – ausser, dass er als stramm-konservativ gilt. Joseph Bonnemain kennt Jürg Stuker seit dessen Priesterweihe, beide pflegen ein Vertrauensverhältnis. Jürg Stuker wurde in Winterthur geboren und hat irisch-schottische Wurzeln. Zuerst machte er eine kaufmännische Lehre, später studierte er Theologie in Luzern, Edinburgh und Freiburg.

Es folgten Stationen in Zürich-Liebfrauen, Uster ZH und Muotathal SZ. Von 2004 bis 2006 war er Mitarbeiter am Liturgischen Institut der deutschsprachigen Schweiz in Freiburg und hatte eine Teilzeitstelle als Vikar in der Pfarrei Zürich-Liebfrauen. Später war er Pfarradministrator für die Pfarreien im Val Müstair GR und Pfarrer von St. Moritz, Sils und Silvaplana-Maloja. Seit 2017 ist er Pfarrer von Herz Jesu in Zürich-Oerlikon. Ehemalige Gemeindemitglieder von St. Moritz sagen über Jürg Stuker: «Wir hoffen, er hat sich wie Bischof Joseph Bonnemain in den letzten Jahren weiterentwickelt.» Die Ökumene beispielsweise sei nicht sein Charisma.

Moderator Curiae

Jürg Stuker wird auch Moderator Curiae – und damit der starke Mann im Bischofsrat. Laut Kirchenrecht hat der Moderator die Aufgabe, «unter der Autorität des Bischofs die Durchführung der Verwaltungsgeschäfte zu koordinieren sowie dafür zu sorgen, dass die übrigen der Kurie zugeteilten Personen das ihnen übertragene Amt richtig wahrnehmen». Es gilt als wahrscheinlich, dass Jürg Stuker auch zum Domherren ernannt wird und so Mitglied des Domkapitels wird.

Stuker hat irische und schottische Wurzeln. Zum Tod von Prinz Philip wollte er sich nicht äussern. Er ist eher ein Fan der iroschottischen Mönche, allen voran des Heiligen Kolumban von Luxeuil. Und er trinkt gerne Whisky. Früher war er im Oberengadin tätig. Als Generalvikar von Graubünden wird er in Chur residieren und hat es nun weniger weit zur weltgrössten Whisky-Bar in St. Moritz.

Wer ist Urs Länzlinger (55)?

Als Josef Annen im Spätsommer 2020 als Generalvikar von Zürich und Glarus aufhörte, rückte Joseph Bonnemain interimistisch nach – unterstützt von Urs Länzlinger. Der Diakon stammt aus Kirchberg SG, ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von elf, 14 und 16 Jahren. Nach der Ausbildung am Katechetischen Institut Luzern war er als Katechet und Jugendseelsorger in der Pfarrei Lichtensteig SG tätig. Es folgte ein Theologiestudium in Luzern und Freiburg und eine Tätigkeit als Pastoralassistent in der Dompfarrei St. Gallen. Anschliessend war er Assistent für Liturgiewissenschaft an der Uni Luzern. Später baute er die Dienststelle Spital- und Klinikseelsorge der katholischen Kirche im Kanton Zürich mit auf und arbeitete eng mit dem Spitalseelsorger Joseph Bonnemain zusammen. 2015 wurde er Stabsmitarbeiter und Bereichsleiter Personal im Regionalen Generalvikariat Zürich und Glarus, 2019 folgte die Weihe zum Ständigen Diakon.

Wer ist Brigitte Fischer Züger (62)?

Schon länger laufen bei Brigitte Fischer Züger im Generalvikariat der Urschweiz die Fäden zusammen. Die verheiratete Frau hat zwei erwachsene Töchter im Alter von 23 und 25 Jahren. Sie wurde in Aarau geboren und wuchs im Kanton Glarus auf.

Sie studierte in Chur, Rom und München. An der Gregoriana in Rom absolvierte sie ein Lizenziat in Missiologie. Später arbeitete sie als Pastoralassistentin in Niederurnen und Bilten GL. 1994 wurde sie ebenfalls an der Gregoriana in Missionswissenschaft mit der Bestnote «summa cum laude» promoviert. Nach Ende ihrer Rom-Zeit verkaufte sie ihre Vespa an Peter Camenzind, der ebenfalls in Rom studierte. Von 1999 bis 2004 war sie theologische Mitarbeiterin im «Office of Laity and Family» der Asiatischen Bischofskonferenz in Taipei/Taiwan. Dort kam sie besonders mit Basisgemeinden in Berührung. Seit 2013 ist sie verantwortlich für die Stabstelle Personal und Pastoralplanung im Regionalen Generalvikariat Urschweiz. Bis auf Joseph Bonnemain ist Brigitte Fischer Züger bislang die einzige Promovierte im Bischofsrat.

Wer ist Donata Bricci (49)?

Donata Bricci war schon unter Bischof Vitus Huoner eine loyale Kanzlerin – und sie wird es auch unter Bischof Joseph Bonnemain sein. Allerdings befördert er die Liechtensteinerin in den Bischofsrat. Zunächst war Donata Bricci Jugendarbeiterin im Gemeinschaftszentrum Resch in Schaan (Liechtenstein). Nach einer Ausbildung zur Theaterpädagogin folgte ein Übersetzungsstudium in Innsbruck und eine Ausbildung zur Katechetin.

Von 2005 bis 2013 war sie Assistentin im Generalsekretariat des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) in St. Gallen. Seit 2013 ist sie im Ordinariat in Chur tätig und seit 2017 Kanzlerin des Bistums Chur.

Wer ist Andreas Fuchs (50)?

Bischof Joseph Bonnemain ist es wichtig, dass Andreas Fuchs’ neue Stelle nicht als Entmachtung oder Degradierung verstanden wird. Der neue Bischof möchte die Wunden im Bistum Chur heilen – und keine neuen aufreissen. Der bisherige Generalvikar für Graubünden wird künftig als Bischofsvikar ein neu geschaffenes Dossier «für die Migrantenseelsorge, für Ordensleute, klösterliche Gemeinschaften und geweihte Jungfrauen» übernehmen.

Mit der Ernennung von Andreas Fuchs sendet Bischof Joseph Bonnemain zwei Signale: dass er sich tatsächlich als Brückenbauer versteht, auch zu den Konservativen hin. Und dass er es ernst meint mit dem, was er an seiner Bischofsweihe gesagt hat: Zu provozieren, anzugreifen und zu verletzen, sei nicht christlich. «Zu viel von all dem hat unsere Diözese krank gemacht. Und diese Krankheit muss nun geheilt werden.»

Anders als seine Vorgänger, die keinen Liberalen zuliessen, hat Joseph Bonnemain die Grösse, auch konservative und umstrittene Figuren wie Andreas Fuchs einzubinden. Er leitet die umstrittenen «Servi della sofferenza» und ist laut Handelsregister für die konservative Gruppe zeichnungsberechtigt. Fuchs stammt aus Winterthur. Er studierte in Chur und Rom Theologie. Es folgten Stationen in Herz Jesu Oerlikon ZH, Lenzerheide/Valbella, Vaz/Obervaz, Wetzikon und Gossau ZH. Seit 2011 war er regionaler Generalvikar für Graubünden, 2012 ernannte ihn Bischof Vitus Huonder zum residierenden Domherrn.

Wer fehlt?

Trotz dieser Ernennungen ist der Bischofsrat noch nicht komplett. Das Amt des Offizials und des Vize-Offizials muss besetzt werden. Es gibt zwei neue Ressorts, die noch vakant sind: für Pastoralentwicklung und für Diakonie. Hinzu kommen vakante Domherrenstellen. Auch hat Bischof Joseph Bonnemain in Interviews in Aussicht gestellt, einen oder zwei Weihbischöfe zu ernennen. Damit wolle er sich aber Zeit lassen.