Das Erzbistum Vaduz ist weiterhin im Wartestand

Anders als Chur oder St. Gallen kennt das Erzbistum Vaduz kein Domkapitel und keine überlieferten Rechte bei einer Bischofswahl. Der Heilige Stuhl kann den Nachfolger für Erzbischof Wolfgang Haas frei bestimmen. Derzeit ist aber kein zweiter Erzbischof von Vaduz in Sicht – und die Übergangszeit unter dem Apostolischen Administrator Benno Elbs dauert an.

Manchmal kommen die Gärtner vorbei, schneiden die Bäume zurück und lüften das grosse Anwesen durch. Ansonsten ist es seit Monaten verwaist, das Mehrfamilienhaus an der Vaduzer Fürst-Franz-Josef-Strasse 112. Wolfgang Haas hatte diese Liegenschaft an der Strasse zum Schloss Vaduz erworben – aus den Geldern, die er vom Mutterbistum Chur für das Erzbistum Vaduz.

Das Anwesen diente als Ordinariat sowie als Wohnsitz des Generalvikars Markus Walser. Walser wohnt mittlerweile im Pfarrhaus Ruggell, wo er sich noch vor der Emeritierung des Erzbischofs die Pfarrstelle gesichert hatte.

Haas hat hier nie gewohnt

Wolfgang Haas selbst hat hier nie gewohnt. Er bezog bei seinem Wechsel von Chur nach Liechtenstein einen Trakt des Frauenklosters Schellenberg. Dort möchte er auch nach seiner Emeritierung bleiben.

Pikant daran ist, dass sich die «Kongregation vom Kostbaren Blut» in Schellenberg seit den 1980-er Jahren im Dunstkreis von Marcel Lefebvre bewegt. In der Klosterkirche steht kein Volksaltar, gefeiert wird auf Latein im sogenannten tridentinischen Ritus.

Wolfgang Haas fährt auch heute noch regelmässig ins deutsche Wigratzbad zur Petrusbruderschaft, wo er Einkleidungen, Tonsuren, Niedere Weihen und Priesterweihen feiert. In Liechtenstein indes hat er sich ganz aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Nuntius holt Rücktrittsschreiben ab

Es war überraschend schnell gegangen im Sommer 2023: Am 7. August konnte Wolfgang Haas seinen 75. Geburtstag feiern, laut Kirchenrecht sozusagen das Pensionsalter für Bischöfe. Am 15. August wohnte Nuntius Martin Krebs in Vaduz den Feierlichkeiten zum Staatsfeiertag auf der Schlosswiese bei, um anschliessend auf den Schellenberg zu fahren und das Rücktrittsgesuch bei Wolfgang Haas abzuholen.

Ob es dabei Friktionen gab – immerhin hatte Haas im Vorfeld alle Spekulationen über seinen Rücktritt harsch zurückgewiesen –, ist nicht bekannt. Bereits am 20. September kam Nuntius Krebs wieder zu einer Pressekonferenz nach Vaduz. Mit ihm Bischof Benno Elbs, seit 2013 Bischof der Nachbardiözese Feldkirch. Die Botschaft war kurz: Erzbischof Wolfgang Haas wird emeritiert, der Sitz des Erzbischofs von Vaduz ist vakant, Bischof Benno Elbs wird als Apostolischer Administrator für das Erzbistum Vaduz eingesetzt.

Kulturwandel mit Bischof Benno

Allen Beobachtern war klar, dass Rom damit die schwierige Personalie Haas beenden will und einen Kulturwandel im Erzbistum Vaduz einläuten möchte. Benno Elbs steht in der Gunst von Papst Franziskus. Als ausgebildeter Psychotherapeut und beliebter Seelsorger bringt der Vorarlberger alle Voraussetzungen mit, um Kleriker und Gläubige in Liechtenstein zu erreichen und die anhaltenden Spannungen zu überwinden.

Bereits bei der Pressekonferenz vom 20. September 2023 wurde die Frage aufgeworfen, wie lange denn diese Administrationsphase dauern solle? Während Benno Elbs spontan von drei Monaten ausging, widersprach ihm Nuntius Krebs und nannte sechs Monate oder länger.

Bereits im zweiten Jahr als Apostolischer Administrator

Mittlerweile steht Benno Elbs im zweiten Jahr als Apostolischer Administrator. Ein neuer Erzbischof von Vaduz ist nicht in Sicht. Das übliche Konsultationsverfahren – Involvierte konnten drei Namen an die Nuntiatur melden – liegt bereits Monate zurück. Sowohl das Ordinariat in Feldkirch wie auch die Liechtensteinische Regierung antworteten auf Anfrage von kath.ch, dass sie keine neuen Informationen über die Nachfolge im Erzbistum Vaduz hätten (Stand 20. Januar 2025).

Benno Elbs hat die Herzen der Bevölkerung in Liechtenstein unterdessen mühelos erreicht. Er sei mehr als Seelsorger gefordert, denn als Chef, hob er in Interviews hervor. Er betont nicht seine Rechte als Diözesanbischof, sondern orientiert sich an seiner Stellung als Administrator: Er könne keine weitreichenden Entscheidungen treffen und damit den Nachfolger präjudizieren.

Geplantes Religionsgesetz verschieben

So hatte er auch die Politik darum gebeten, das geplante Religionsgesetz zu verschieben, bis ein neuer Bischof bestimmt sei. Die Modernisierung des Staatskirchenrechts beschäftigt das kleine Land seit bald 30 Jahren.

Praktisch alle Pfarrer und Kapläne sind auf ihren Stellen geblieben. Seelsorgerinnen, Pastoralassistenten oder Ständige Diakone arbeiten in Liechtenstein seit vielen Jahren nicht mehr. Zwei Pfarrer sind Ordenspriester, nämlich in Schellenberg und Mauren. Alle anderen Priester waren von Wolfgang Haas geweiht beziehungsweise inkardiniert worden.

Einige kamen von der Hochschule Heiligenkreuz bei Wien. Eine Berufseinführung oder einen Pastoralkurs können sie nicht vorweisen. In den Gottesdiensten wurden nach und nach vorkonziliare Momente eingebaut. Kommunionhelfer wurden zurückgedrängt, Lektoren sind nicht mehr in jeder Pfarrei erwünscht. Die Mundkommunion wurde gefördert, teils wurden wieder Kommunionbänke in die Kirchen gestellt.

Bischof von Chur und Vaduz?

In diesen Januartagen drückt der typische Föhn auf das kleine Land am Alpenrhein, und eine gewisse Nervosität ist spürbar. Grund dafür ist allerdings nicht das Schicksal der katholischen Kirche, sondern die bevorstehenden Landtagswahlen vom 9. Februar. Liechtenstein wählt die 25 Sitze des Parlaments, vier Parteien werben um die Gunst der Wahlberechtigten.

Auch in der Regierung sind grössere Wechsel zu erwarten, da vier von fünf Regierungsmitgliedern nicht zur Wiederwahl antreten. Es scheint ein stillschweigendes Agreement unter den Parteien zu geben, dass man das sensible Thema Kirche-Staat im Wahlkampf ausklammert. Einzig die oppositionelle Freie Liste kämpft seit ihrer Gründung für eine klare Trennung von Kirche und Staat.

Apostolische Verwaltung wird wohl noch länger dauern

In kirchlichen Kreisen mehren sich unterdessen die Gerüchte. Ein Gerücht lautet, dass mit der möglichen Emeritierung des Churer Bischofs Joseph Bonnemain im Jahr 2026 in Chur ein Bischof für Chur und Vaduz eingesetzt werde. Also eine Personalunion für zwei Bistümer, wie sie jüngst auch von Bischof Benno Elbs ins Spiel gebracht wurde.

Vermutlich wird also die Zeit der apostolischen Verwaltung in Liechtenstein noch länger andauern. Den Gärtnern wird es recht sein. Sie können beim verwaisten Ordinariat an der Vaduzer Schlossstrasse weiterhin Garten und Haus in Schuss halten.