Der Theologe Leo Karrer ist gestorben

Leo Karrer ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Er war einer der führenden Theologen der Schweiz.

Leo Karrers Abschiedsvorlesung an der Universität Freiburg trug 2008 den Titel: «Auch im Winter wächst das Brot». Der Text ist ein Plädoyer gegen Mutlosigkeit und Resignation in der Kirche. Am 8. Januar 2021, an einem kalten Wintertag, ist Leo Karrer 83-jährig gestorben. Sein Werk bleibt lebendig.

Die Stunde der Laien

Leo Karrer war Pastoraltheologe in Freiburg. Sein Leben lang hat er sich eingesetzt für eine synodale, geschwisterliche Kirche. Die sogenannten Laien waren ihm besonders wichtig. Sein Buch «Die Stunde der Laien» wurde zu einem Standardwerk.

Leo Karrer wurde in Röschenz BL geboren und ist in Würenlos AG aufgewachen. Seine Matura machte er an der Klosterschule Einsiedeln. Es folgten Studien der Theologie, Philosophie und Psychologie in Wien, Chicago, München und Münster. 1967 promovierte er an der Universität München in Dogmatik. Leo Karrer stand ab 1969 im kirchlichen Dienst als Mentor der in Münster studierenden Laientheologen. Er war auch wissenschaftlicher Assistent des einflussreichen Konzilsberaters Karl Rahner.

Die Pastoraltheologie geprägt

Anlässlich seines 80. Geburtstages am 9. April 2017 sagte Stephanie Klein, Professorin für Pastoraltheologie der Universität Luzern: «Leo Karrer hat die Pastoraltheologie als Wissenschaft massgeblich geprägt. Sein Ansatz auf der Grundlage der Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Nationalen Synoden ist es, von den Menschen und ihrer Erfahrung her nach Gott zu fragen und Theologie zu entwickeln.» Sein Einsatz für den Berufsstand «Pastoralassistent» habe das neue Selbstverständnis der Laientheologen massgeblich unterstützt. 1978 wurde Leo Karrer durch den Basler Bischof Anton Hänggi als Bischöflicher Personalassistent ins Personalamt berufen. Karrer war der erste Laientheologe im Personalamt und auch im Ordinariat.

Kirchliche Selbstgenügsamkeit und Enge überwinden

1982 bis 2008 war Leo Karrer Professor für Pastoraltheologie an der Universität Freiburg. Stephanie Klein sagte über diese Zeit: «Leo Karrer hat ganzen Generationen von Studierenden das Rüstzeug für eine solide pastoraltheologische Reflexion und praktische Arbeit mitgegeben. Es war ihm ein Anliegen, kirchliche Selbstgenügsamkeit und Enge zu überwinden und über den eigenen Kirchturm hinauszudenken.» Während vieler Jahre hat sich Leo Karrer als Mitglied der damaligen Diözesanen Fortbildungskommission für eine fundierte Weiterbildung der Seelsorgerinnen und Seelsorger engagiert.

Immer auch Seelsorger geblieben

Marco von Arx, Sekretär des Basler Generalvikars Markus Thürig, erläuterte dies im Jahr 2017: «Aufmerksam verfolgt er die pastoralen und personellen Entwicklungen im Bistum Basel und steht bis heute mit vielen Seelsorgerinnen und Seelsorgern, aber auch mit Mitgliedern der Diözesankurie in einem lebendigen Austausch. Sein offenes Herz, sein Mitgehen und Mitfühlen an der Lebensgeschichte seiner Mitmenschen zeichnet ihn ganz besonders aus. Und so ist er neben all seiner wissenschaftlichen Tätigkeit immer auch Seelsorger geblieben.»

Der Herbert Haag-Preisträger war in zahlreichen internationalen wissenschaftlichen Organisationen tätig. 1993 bis 2001 Vorsitzender der Konferenz der deutschsprachigen Pastoraltheologen und von 2001 bis 2004 Präsident der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie.

Pastoraltheologische «Fünferbande»

Leo Karrer war Mitglied der berühmt-berüchtigten «Fünfer-Bande», wie sich der eingeschworene Kreis von fünf Pastoraltheologen nannte – die anderen waren: Ottmar Fuchs, Norbert Greinacher, Hermann Steinkamp und Norbert Mette. Die Gruppe hat sich immer wieder zu kirchenpolitischen Fragen geäussert und Reformen angemahnt.

Engagement für die Kirche Schweiz

1987 lancierte Karrer die Idee einer «Tagsatzung» der katholischen Kirche in der Schweiz mit dem Ziel, alle relevanten Kräfte der katholischen Kirche in der Schweiz zu versammeln. Sein Engagement für die Kirche Schweiz hat er jedoch stets mit dem Blick über alle Grenzen hinaus verbunden. Auch die «Katholischen Dialoge» im Romero-Haus in Luzern hat Leo Karrer mitgetragen. Der Theologe Erwin Koller sagte vor Jahren in einem Interview, die Einleitungssätze von «Gaudium et spes» seien für Leo Karrer der «Notenschlüssel» zum Verständnis des Konzils und des kirchlichen Handelns in der Gegenwart gewesen: «Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.»

Leo Karrer lebte mit seiner Frau Maria in Freiburg. Er hinterlässt zwei erwachsene Kinder. (kath.ch)

Trotz «winterlicher Zeiten» in der Kirche glaubte Leo Karrer an das Licht von Ostern

Er war einer der letzten Assistenten von Karl Rahner und ein Nestor der Pastoraltheologie: der Freiburger Professor Leo Karrer. Mit seinem Tod verliert die Schweiz einen Theologen von Weltruf, der bis zuletzt für die Freiheit in der Kirche kämpfte. Er war ein zutiefst spiritueller Mensch. Eine Würdigung von Mariano Delgado, Dekan der Theologischen Fakultät Freiburg und Professor für Kirchengeschichte.

Schon lange vor Papst Franziskus lebte Leo Karrer den Geist der Synodalität

Josef Sayer war wie Leo Karrer Pastoraltheologe in Freiburg. Für ihn war der Verstorbene ein wunderbarer Kollege und Freund. «Leo Karrer war kein Strukturfanatiker», schreibt er in einem Gastbeitrag.

«Glaube, der reift»: Mit Leo Karrer ist die Kirche reifer geworden

Die Pastoraltheologie hatte eine Fünferbande – zu ihr gehörte Leo Karrer. Er stand für die Einheit von Mystik und Politik – und für ein selbstbewusstes Auftreten von Laientheologen. Eine Würdigung von einem Mitglied der Fünferbande.

«Von der Würde eines namenlosen Standes»: Leo Karrer war der Nestor der Laientheologen

Leo Karrer war einer der ersten Laien, die Theologie-Professoren wurden. Er hat eine Generation von Laientheologen geprägt. Warum die Rede von den Laien bis heute ein Unding ist – und Leo Karrer die «Stunde der Laien» richtig eingeschätzt hat.

Leo Karrer (1937–2021) – ein beherzter Pionier nachkonziliarer Pastoraltheologie

Für den Theologen Klaus Kießling war Leo Karrer ein Vorbild, auch darin, dass er als Lehrer immer gern selbst dazulernte. Mit existenziellem Ernst, mit Humor und Dankbarkeit habe er sich schliesslich der Spiritualität im Alter gewidmet.