Krankenkassenprämien sind ein Armutsrisiko

Caritas Schweiz geht mit Bund und Kantonen hart ins Gericht: Steigende Krankenkassenprämien seien für tiefere Einkommen eine Armutsfalle. Die Verbilligungsmassnahmen würden zudem vielerorts vernachlässigt. An einer Medienkonferenz werden neue Regeln gefordert.

600'000 Menschen leben gemäss der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe knapp über der Armutsgrenze. Wie Bettina Fredrich, Leiterin der Fachstelle Sozialpolitik bei Caritas Schweiz am Montag vor den Medien erklärte, werde die Belastung durch die Krankenkassenprämien dabei zusehends zu einer Gefahr. Steigen die Prämien zu stark, sei die Grenze zur Armut bald überschritten.

In die Sozialhilfe gedrängt

Caritas-Direktor Hugo Fasel stellte gemäss Redetext Handlungsbedarf bei den politischen Behörden fest. Denn die Krankenkassenprämien seien die einzigen gesetzlich festgeschriebenen Abgaben, die sich nicht nach dem Budget der Haushalte richten würden.
Jahr für Jahr, so Fasel, mache Caritas die Erfahrung, dass mit steigenden Krankenkassenprämien auch das Armutsrisiko in der Schweiz ansteige.

«Reicht die Lohnerhöhung nicht aus, um die teureren Prämien zu bezahlen, bedeutet dies, dass eine ständig steigende Zahl von Familien in die Sozialhilfe getrieben werden», so der Caritas-Direktor. Das Hilfswerk fordert von Bund und Kantonen, dass die Belastung der Haushalte durch Zahlungen an die Krankenkassen einen Monatslohn nicht übersteigen darf.

Uneinheitliche Prämienverbilligungen

Kritik äussert Caritas auch an der Praxis der Prämienverbilligungen in den Kantonen. Einerseits würden diese sehr unterschiedlich angewendet; andererseits stellt Caritas fest, dass teilweise Gelder für Prämienverbilligungen für andere Zwecke im Sozialbereich eingesetzt werden.

Bund und Kantone sollen deshalb Regeln für die Entlastung betroffener Haushalte und auch eine maximale Belastung festlegen, welche Krankenkassenprämien auf das Haushaltseinkommen haben dürfen.

Wichtig für Armutsprävention

Hier schreibt das Hilfswerk weiter von einer «differenzierten Verbilligung», welche die tiefsten Einkommen am deutlichsten entlasten würde. Kurz: Ein Haushalt mit tiefem Einkommen würde weniger Krankenkassenprämien bezahlen als ein Haushalt mit höherem Einkommen.

Für Martin Flügel, Leiter Politik bei Caritas Schweiz, ist eine solche differenzierte Prämienverbilligung zentral. «Damit führt das differenzierte Modell auch zu einer wirksamen Armutsprävention, denn es durchbricht den heutigen Automatismus, der Haushalte aus dem unteren Mittelstand allein durch steigende Kopfprämien in die Armut zwingt», so Flügel. (ms)