Marian Eleganti zur Synode: «Die Dokumentenflut ist für mich unerträglich geworden»
«Es geht mir also nicht darum, Synodalität im Sinne des Hörens auf den Heiligen Geist und der Unterscheidung des Geistes schlecht zu reden (in meinem Fall wäre das ein Selbstwiderspruch). Mein Problem mit der aktuellen Propaganda von Synodalität liegt woanders:
Mit der ‹Synodalität› soll uns ein Paradigma aufgedrückt werden, das in uns die Illusion erzeugt, dass nichts mehr wie vorher sein wird, dass es um eine neue Kirche geht, sozusagen um ein Vatikanum III (das in absehbarer Zeit nicht kommen wird), um etwas Neues, vom Konzil Intendiertes, aber noch nicht Verwirklichtes. Es wird uns eine neue Hermeneutik (des Bruches?) nahegelegt, um ein entsprechendes kirchliches Bewusstsein dafür heraufzubeschwören. Aber die Texte des Konzils werden selten oder überhaupt nicht zitiert. Wie immer beginnen stattdessen die ‹Revolutionäre›, die ‹Reformer›, mit der Sprache und Umdeutung der Begriffe (z.B. der Synode, ehemals beratende Versammlung von Bischöfen für den Papst). Entsprechend unerträglich geworden sind für mich die Dokumentenflut und der Befragungseifer der lernenden (hörenden), aber nicht lehrenden (führenden) Kirche, ein semantisches Diluvium (lat. Überschwemmung). Wir gehen unter in Worten und Spekulationen, in neuen Sünden und Dokumenten; aber bekehren tut sich niemand an der breiten gesellschaftlichen Basis aufgrund des lauten synodalen Posaunenschalls.
Die Gesellschaft bleibt säkular und ungläubig, obwohl in allen Dokumenten von Mission gesprochen wird. Je weniger Mission im eigentlichen Sinn (Geht hinaus in alle Welt; macht alle Menschen zu meinen Jüngern, lehrt sie zu halten, was ich Euch geboten habe, und tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!) an der Basis wirklich geschieht, umso mehr wird Mission in Worten synodal beschworen. Allerdings ist auch nicht mehr klar, was in der neuen Synodalität ‹Bekehrung› und ‹Mission› wirklich bedeuten, und was dabei am Ende herauskommt: die Taufe oder die Relativierung von allem; neue Frauenämter und neue Laiengremien oder die Gefährdung der Sakramentalität der Kirche, des Priestertums und ihrer Leitungsämter, die Protestantisierung ihrer Strukturen (Demokratisierung; Mitbestimmung, Kontrolle). Synodalisierung und Protestantisierung könnten zu Synonymen werden, ohne es zu deklarieren.
Die Kirche ist eine mit sich selbst beschäftigte Wandelhalle geworden, wo in jeder Ecke und bei jeder Säule Leute reden und an Texten feilen (kanonischen, allgemeinen, regulativen, lyrischen), um sie dann schliesslich mit Mehrheitsvoten in der Aula magna zu verabschieden. Auffallend ist die Volatilität der Dinge, das Fliessende (Prozess genannt), die Kirche eine Wanderdüne, aber kein Fels in der Brandung. Das einfache, gläubige Volk wird die verabschiedeten Texte nicht lesen, sondern es sucht sich seine Glaubensquellen anderswo, nicht in den Dokumenten, sondern in Oasen der Glaubensverkündigung, der mit Ehrfrucht und Würde rechtmässig gefeierten Liturgie, der Anbetung und der Beichte, in Oasen der Glaubenserneuerung (in Ehe und Familie) aufgrund des Glaubens der Kirche (KKK) und ihrer Sakramente im herkömmlichen Sinn. Vielleicht sind die ‹Indietristen› – ich meine nicht die Traditionalisten im strengen Sinn, sondern die Traditionsverbundenen, die einfachen Gläubigen, die jungen Gläubigen und Familien, die neu zum Glauben finden, die Avantgarde für morgen und längst schon weiter. Man kann es noch nicht entscheiden. Man muss nur auf die neue, gläubige Jugend schauen, um sich davon zu überzeugen.»
Auszug aus einem Blog-Beitrag des emeritierten Churer Weihbischofs Marian Eleganti, den er auf seiner Webseite publiziert hat. Eleganti ist Schweizer Missionsbenediktiner und römisch-katholischer Theologe. Von 1999 bis 2009 war er Abt der Abtei St. Otmarsberg. (bal)