Sie starben 2021: An wen wir uns erinnern

Theologe Hans Küng, Kardinal Henry Schweri, die Dominikanerin Eugenia Jörger, Weihbischof Paul Vollmar, Ordensfrau Raphaela Gasser: Die katholische Kirche hat im Jahr 2021 viele Menschen verloren, die diese je auf ihre Weise gestalteten und prägten. Ein Rückblick.

Januar

Heinrich Schwery starb im Januar im Alter von 89 Jahren. 1991 war er zum Kardinal der Heiligen römischen Kirche ernannt worden. Der Verstorbene war zwischen 1977 und 1995 Bischof von Sitten und zwischen 1983 und 1988 Präsident der Schweizer Bischofskonferenz.

Leo Karrer: Er war Pastoraltheologe in Freiburg. Sein Leben lang setzte er sich ein für eine synodale, geschwisterliche Kirche. Die sogenannten Laien waren ihm besonders wichtig. Sein Buch «Die Stunde der Laien» wurde zu einem Standardwerk. Leo Karrer stand ab 1969 im kirchlichen Dienst als Mentor der in Münster studierenden Laientheologen. Er war auch wissenschaftlicher Assistent des einflussreichen Konzilsberaters Karl Rahner.

Hans Gerny: Er war von 1986 bis 2001 der Bischof der Schweizer Christkatholiken. In Gernys Amtszeit als Bischof fällt die Einführung der Frauenordination in der christkatholischen Kirche der Schweiz. Kein unumstrittener Schritt – auch in der christkatholischen Kirche nicht.

Februar

Die Schriftstellerin Helen Meier brachte mit ihrer gemeisselten Sprache einen schonungslosen Tonfall in die Schweizer Literatur. Sie starb 92-Jährig in Trogen AR. Mit ihrem ersten Buch, das 1984 erschien, trat sie relativ spät an die Öffentlichkeit. Sie war zuvor während vielen Jahren als Sonderschullehrerin tätig gewesen. Sie hinterlässt ein umfangreiches erzählerisches Werk. Dazu gehören die Romane «Lebenleben», «Die Novizin» und «Schlafwandel» sowie zahlreiche Erzählbände.

März

Im Leben der deutschen Theologin Uta Ranke-Heinemann gab es gleich mehrere Wenden. Sie studierte einst gemeinsam mit Joseph Ratzinger. Ranke-Heinemann trat oft in Talkshows auf. Dort wie in mehreren Büchern griff sie die Kirche an. Im 1988 erschienenen Buch «Eunuchen für das Himmelreich» rechnet sie mit der katholischen Sexualmoral ab, etwa dem Verbot von Verhütungsmitteln und homosexueller Liebe. Sie starb 93-jährig.

April

Der 1928 in Sursee LU geborene Hans Küng gilt als einer der grössten christlichen Theologen des 20. Jahrhunderts. Seine Bücher – etwa «Christ sein», «Existiert Gott?», «Ewiges Leben» – wurden in vielen Sprachen zu Bestsellern. Einen letzten Aufschrei provozierte er 2014 mit seinem Buch «Glücklich sterben?». Darin vertritt er die These, dass ein gottgläubiges Sterben auch selbstbestimmt sein kann.

Am Ostersonntag verlor der junge Priester Raphael Kronig den Kampf gegen den Blutkrebs. Der 38-Jährige starb voller «Vorfreude, vor den Schöpfer zu treten», wie das Bistum Sitten mitteilte. Kronig trat im Jahr 2005 ins Priesterseminar des Bistums Sitten in Givisiez ein. Von 2006 bis 2010 absolvierte er das Bachelor-Studium in Theologie an der Universität Freiburg. Nach einem Zwischenjahr aufgrund gesundheitlicher Probleme führte Kronig sein Studium in den Jahren 2010–2012 am Institut Catholique de Paris (ICP) fort. Während seines Pastoraljahres in Saas-Fee wurde er in der dortigen Pfarrkirche am 8. Juni 2013 zum Diakon geweiht. Am darauffolgenden 8. Dezember 2013 spendete ihm Bischof Norbert Brunner in der Kathedrale von Sitten die Priesterweihe.

Mai

Am 2. Mai starb der frühere Weihbischof Paul Vollmar. Anlässlich seines Rücktritts sprach die NZZ 2009 von einem «zurückhaltenden Kirchenmann», der das Rampenlicht nicht suchte. Das Bischofsamt habe er als Scharnierfunktion verstanden. 1993 wurde Vollmar gemeinsam mit Weihbischof Peter Henrici im Zuge kircheninterner Spannungen dem damaligen Churer Bischof Wolfgang Haas zur Seite gestellt. Die Konstellation brachte jedoch nicht die erhoffte Beruhigung; 1997 wurde Haas als Erzbischof nach Vaduz weggelobt.

Juli

Bernd Hagenkord leitete zehn Jahre lang die deutschsprachige Abteilung von Radio Vatikan, ab Herbst 2017 Vatican News genannt. In dieser Funktion wurde er zum gefragten Gesprächspartner für viele deutsche Medien. In seiner leitenden Position gestaltete er auch den umfassenden Reformprozess der vatikanischen Medien mit. Er starb nach schwerer Krankheit im Alter von 52 Jahren in München. Zuletzt war Hagenkord geistlicher Begleiter des Synodalen Weges.

November

Iso Baumer galt als kritisch-loyaler Katholik. Eine Coronainfektion überlebte er nicht. Er starb mit 92 Jahren. Bereits mit 20 Jahren veröffentlichte er einen Zeitungsartikel über die Liturgie in byzantinischem Ritus in St. Gallen, beschäftigte sich intensiv mit den orthodoxen Kirchen und betrieb berufsbegleitend ein kontinuierliches und intensives Selbststudium. Baumer lernte denn auch vor allem die orthodoxe Kirche schätzen und lieben und war überzeugt, dass sie manche Wahrheiten besser bewahrt hatte als die römische Kirche. Aber ein Übertritt kam für ihn nicht in Frage, da er nur eine Unvollkommenheit gegen eine andere eingetauscht hätte.

Dezember

Die Ilanzer Dominikanerin Raphaela Gasser starb im Alter von 88 Jahren. Ihr jüngerer Bruder ist der Kirchenhistoriker Albert Gasser (83). Über seine Schwester sagt er in einem kath.ch-Interview: «Sie war klar fürs Frauenpriestertum.» Sie gehörte dem Predigerorden an, den Dominikanerinnen von Ilanz. Dort ist es normal, dass die Frauen auch in der Eucharistiefeier predigen – obwohl sie einen Spiritual haben. Bei Predigten sei es ihr darum gegangen, aus der Bibel zu schöpfen und etwas Eigenes aufzubauen. Das sei ihr sehr wichtig gewesen, sagt ihr Bruder.

Die Dominikanerin Eugenia Jörger war wenige Wochen vor ihrem Tod zur Generalrätin sowie in den Stiftungsrat der Ilanzer Dominikanerinnen berufen worden. Ihr plötzlicher Tod im Alter von 64 Jahren kam für die Gemeinschaft des Klosters Ilanz unerwartet.

Nobelpreisträger Desmond Tutu starb im Alter von 90 Jahren in Kapstadt. Der Papstbotschafter in Südafrika, Erzbischof Peter Bryan Wells, sprach von einem «aussergewöhnlichen Augenblick, einem Augenblick der Trauer, aber auch der Feier eines besonderen Menschen». Tutu hatte Gleichberechtigung und gegen das repressive Apartheid-Regime gekämpft. Bis in jüngste Zeit hatte der pensionierte anglikanische Erzbischof die schwarze Regierung des African National Congress (ANC) kritisiert: Immer noch seien in Südafrika Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit weit verbreitet. (kna)

 

Sie starben 2020: An wen wir uns erinnern

Theologe und CVP-Politiker Markus Arnold, Pädagogik-Professor Fritz Oser, Pflege-Pionierin Liliane Juchli, Ernesto Cardenal: 2020 sind viele beliebte Menschen von uns gegangen.