Spitalseelsorge national koordinieren: Der Ball liegt jetzt bei den Katholiken
Die Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) habe am Montag der Errichtung einer nationalen ökumenischen Koordinationsstelle für Seelsorge im Gesundheitswesen mit einer deutlichen Mehrheit zugestimmt, teilt Stephan Jütte auf Anfrage mit. Jütte ist Leiter Kommunikation bei der EKS.
Das Stimmenverhältnis war demnach 44 Ja zu 12 Nein bei vier Enthaltungen. Die Synode der EKS umfasst aktuell 80 Synodale, die 25 Mitgliedskirchen vertreten.
Zwei reformierte Landeskirchen dagegen
Laut einer Meldung der Newsseite ref.ch war das Projekt an der Sitzung vom Montag aber umstritten. So haben sich die reformierten Landeskirchen Zürich und Luzern gegen die nationale Koordinationsstelle ausgesprochen. «Sie befürchten, dass die Entscheide der Koordinationsstelle zu ihrem Nachteil ausfallen könnten.»
Entscheidungen einer nationalen Koordinationsstelle könnten die Zürcher Landeskirche in grosse Probleme stürzen, sagte demnach die Zürcher Kirchenratspräsidentin Esther Straub und plädierte – vergeblich – für die Aufnahme eines Vetorechtes in den Vertrag zur Koordinationsstelle.
Anliegen der kirchlichen Seelsorge einbringen
Im März 2022 haben die Reformierten eine ökumenische Charta für die Seelsorge platzen lassen. Auf die Frage, warum es nun beim neuen Projekt geklappt habe, schreibt Jütte, es handle sich um unterschiedliche Prozesse. «Während die ökumenische Charta aus verschiedenen Gründen nicht veröffentlicht wurde, bestand in der aktuellen Vorlage der Koordinationsstelle eine breite Einigkeit darüber, dass eine nationale Koordinationsstelle wichtig ist, um die Interessen der Kirchen in Fragen rund um das Gesundheitswesen auf nationaler Ebene wirksam zu vertreten.»
Die Arbeit der Koordinationsstelle baue auf den bisherigen Erfahrungen auf und habe die Mitgliedkirchen eng in die Erarbeitung des Aufgabenfelds der Koordinationsstelle einbezogen.
Verlagerung von Entscheiden auf Bundesebene
Gesundheitspolitische Entscheidungen werden laut Jütte zunehmend auf Bundesebene getroffen, deshalb sei eine frühe und wirksame Vertretung kirchlicher Interessen wichtig. Die künftige Koordinationsstelle soll den Austausch zwischen Kirchen, Behörden und Institutionen fördern und sicherstellen, dass kirchliche Perspektiven in gesundheitspolitische Strategien integriert werden. Dabei geht es etwa um Bereiche wie Demenz, mobile Versorgung, Datenschutz.
Vertragsunterzeichnung voraussichtlich im Dezember
Laut Jütte hat die Synode den Rat der EKS auch beauftragt, den Kooperationsvertrag zu unterzeichnen. Vertragspartner sind die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Wann der Rat der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz den Vertrag unterzeichne, sei offen. Dies hänge vom Ausgang der Abstimmungen bei der RKZ und dem definitiven Entscheid der SBK ab, so Jütte. «Wir rechnen aber mit einer zeitnahen Unterzeichnung in der ersten Dezemberhälfte.»
Geplant ist offenbar eine gemeinsame Unterzeichnung. Sofern RKZ und SBK dem Kooperationsvertrag auch zustimmen, werde die Vertragsunterzeichnung am 4. Dezember in Engelberg OW stattfinden zusammen mit einer Medienkonferenz für kirchliche Medien, lässt RKZ-Generalsekretär Urs Brosi kath.ch wissen. Mit dabei sein werden die Präsidien von SBK, EKZ und RKZ, dazu einzelne Mitglieder der Arbeitsgruppe, die vier Jahre an der Vorlage gearbeitet habe.
Start im Frühjahr 2025
Laut Urs Brosi beschliesst die RKZ am 30. November in ihrer Plenarversammlung über das Geschäft, die SBK am 2. Dezember in ihrer ordentlichen Versammlung. Inhaltliche Auskunft wollte der RKZ-Generalsekretär mit Blick auf die gemeinsame Medienkonferenz nicht geben.
Die neue Stelle soll voraussichtlich im Frühjahr 2025 ihren Betrieb aufnehmen, schreibt Jütte von der EKS. So sie ihren Standort haben wird, werde noch geklärt.
Reformierte übernehmen 40 Prozent der Kosten
Die Betriebskosten der geplanten Stelle belaufen sich gemäss Jütte auf rund 180’000 Franken pro Jahr. Davon trägt die EKZ 72’000 Franken, was 40 Prozent der Gesamtkosten ausmacht. Die EKS-Synode hat am Montag auch diese finanzielle Beteiligung der Reformierten bewilligt. Gemäss Vertragsentwurf übernimmt die RKZ bei Zustimmung der katholischen Seite mit 60 Prozent die restlichen Betriebskosten der Stelle. (kath.ch)