Aktuelle Nummer 24 | 2025
16. November 2025 bis 29. November 2025

Synodale Inputs aus Rom: Wie wär's mit «Gesprächen im Geist» in Pfarreien?

«Am eindrücklichsten war, dass wir rund 2000 Menschen waren, die sich alle Gedanken zum gleichen Thema machen, der Synodalität in der Kirche», berichtet Roland Loos über das Jubiläum der synodalen Teams vom letzten Wochenende in Rom. Er nahm als Mitglied der nationalen Synodalitätskommission der Schweiz teil und ist Präsident der Römisch-katholischen Zentralkonferenz. «Zu merken, wie wir weltweit verbunden sind und trotz anderen Erfahrungen und Bedürfnissen das gleiche Ziel haben: Unsere Kirche ein stückweit vorwärtszubringen», so Loos.  

Ehrlichkeit, Achtsamkeit, Offenheit

Dem Synodalitätskommissionspräsidenten Detlef Hecking hat die Grundhaltung am weltweiten Treffen gefallen: «eine hörende Kirche, die im weltkirchlichen Austausch wirklich gemeinsam, ohne Oben und Unten, miteinander unterwegs ist, die miteinander und voneinander lernt». Er stellte eine besondere Ehrlichkeit, Achtsamkeit, Entschiedenheit und Offenheit fest – «und einen sehr klaren Willen, Kirche gemeinsam zu verändern».

Die Seelsorgerin und Radiosprecherin Andrea Meier war für das Bistum Basel in Rom. Sie zeigte sich in ihrer Rückmeldung speziell von den «Gesprächen im Geist» angetan. Da habe «eine Riesenmasse an Menschen» anhand von Nummern den persönlich zugeteilten Kreis finden müssen. Und dann seien da die Gespräche mit einer grossen Sorgfalt und Ernsthaftigkeit geführt worden. «Personen, die sehr verschieden waren, hörten einander intensiv zu. Die intensive, konzentrierte Stimmung, die dabei entstand, fand ich wahnsinnig berührend», sagt Andrea Meier.

Ebenfalls aus dem Bistum Basel war Edith Rey Kühntopf dabei. Der Regionalverantwortlichen St. Verena ist eine Begegnung mit einer Philippina, die in Bahrain lebt, besonders in Erinnerung geblieben. Diese habe den Auftrag, ein Programm für christliche Frauen aus Indien und den Philippinen zu entwickeln. Diese seien als Angestellte in reichen Haushalten Gewalt, Übergriffen und Ausbeutung ausgesetzt. Die engagierte Philippina versuche mit enormem Engagement, die betroffenen Frauen zu unterstützen, ihnen einen geschützten Raum und eine Stimme zu geben. «Das hat mich zutiefst berührt», sagt Rey.

Papstgespräch war «bemerkenswert unhierarchisch»

Am Freitagabend hat im Rahmen des Jubiläums ein angekündigtes Papstgespräch stattgefunden. Die Schweizer Teilnehmenden haben dieses mehrheitlich positiv erlebt. Detlef Hecking beschreibt es als «echten Austausch», der «bemerkenswert unhierarchisch» gewesen sei. Vertretende der sieben Weltregionen hätten mit dem Papst an einem Tisch gesessen und ihm einen Einblick in ihre Herausforderungen gegeben. Und der Papst habe sich Notizen gemacht und dann «frei, ohne Manuskript, auf die Fragen reagiert». Hinterher hat Hecking erfahren, dass die Weltregionsvertretenden vorab je zwei Fragen formuliert hatten und der Papst eine davon ausgewählt hatte. «Das heisst, dass Papst Leo sich auch explizit der Frage nach der Rolle von Frauen gestellt hat, die Professorin Klara Csziszar für Europa gestellt hat», so Hecking anerkennend.

Auch Andrea Meier fiel auf, «wie spontan, direkt und auf gleicher Augenhöhe Papst Leo im Gespräch mit den Leuten umging». Ihr gefiel, dass dabei auch «heisse Eisen auf den Tisch kamen». So etwa die Frauenfrage oder das Problem, dass vielerorts Bischöfe oder Priester versuchten, den synodalen Weg zu blockieren. «Die Leute waren gegenüber dem Papst sehr offen, das fand ich schön.»

Edith Rey Kühntopf war vom Setting des Papstgesprächs überrascht: «Der Papst sitzt inmitten der Vertreterinnen und Vertretern der einzelnen Kontinente, das Gespräch wird von Schwester Nathalie Bequart moderiert – vor wenigen Jahren wäre dies noch undenkbar gewesen!»

Der Papst habe sehr empathisch und authentisch gewirkt, sagt auch Rey. «Schön war, dass er beim Vertreter aus Südamerika bei seiner Antwort spontan vom Englischen ins Spanische wechselte. Da war viel Energie zu spüren.»

Bei der Frauenfrage wurde Rey hellhörig. «Da war für mich spannend, dass der Papst weder auf theologische noch anthropologische Gründe rekurriert hat, sondern vor allem auf die Kultur fokussiert hat, die sich entwickeln muss, damit sich die Stellung der Frau verändert», so Rey. «In diesem Moment war spürbar, wie der Papst die Worte sehr sorgfältig wählte, aber auch wie die Spannung im Saal stieg.»

«Im Unterschied zu vielen enthusiastischen Reaktionen sehe ich das etwas anders», findet hingegen Roland Loos. «Das Gespräch mit dem Papst war genau und diplomatisch vorbereitet, insofern ging man kein Risiko ein», sagt er. «Und die Antworten von Papst Leo waren diplomatisch sehr korrekt.» Dennoch habe er «sehr ermutigend» gesprochen. «Er sagte Sätze wie: Wir vertrauen auf euch, dass es weitergeht. Ich glaube, man kann darauf zählen, dass er den Prozess weiterverfolgen wird», so Loos.

Schweizer Beitrag: duales System, Laienmitarbeitende

Die Schweizer Delegierten brachten ihre Erfahrungen in die Diskussionen ein – besonders in den Workshops vom Samstag. So sprach RKZ-Präsident Roland Loos über das duale System, deren eine Seite er vertritt, konkret die öffentlich-rechtlichen Körperschaften. «Es stösst immer auf riesiges Erstaunen, wenn wir aufzeigen, dass wir als kantonale und nationale Körperschaften das Geld verwalten und dadurch tatsächlich Einfluss haben», so Loos. Und auch seine Erfahrungen mit gelebter Ökumene in seinem Wohnkanton Waadt habe er einbringen können, etwa wie diese in der Spital- und der Gefängnisseelsorge umgesetzt werde.

Die Berner Theologin Andrea Meier hat am synodalen Treffen davon erzählt, wie die Kirche der Schweiz funktioniert, in der viele Laienmitarbeitenden wirken – also Theologinnen und Theologen ohne Weihe. Und dass es sogar Pfarreien gebe, in den nicht der Priester der Chef sei. «Das war für sie, glaube ich, spannend und sehr ermutigend.»

«Gespräche im Geist» als Chance für Pfarreien

Die vier Delegierten brachten auch Ideen zurück in die Schweiz. Andrea Meier, die von den «Gesprächen im Geist» beeindruckt war, fände es eine Chance, diese in Schweizer Pfarreien einzuführen. Denn solche seien in anderen Ländern erfolgreich. So würde auch die Schweiz verstärkt auf Ebene der Pfarreien, also an der Basis, synodal aktiv. Bisher habe das Bistum Basel synodal vor allem Wert daraufgelegt, Strukturen zu klären, und dies eher von oben.

Sie erklärt die «Gespräche im Geist»: Dabei erhalte jede Person zwei Minuten Redezeit, gefolgt auf zwei Minuten Stille. Danach sei die nächste Person dran. Auf Ebene Pfarrei stellt sie sich das so vor: «Der Gemeindeleiter, die Katechetin, die Mutter, alle dürfen gleich lange reden und alle müssen gleich lange zuhören.» Das ergäbe eine ganz andere Gesprächsqualität, ist Meier überzeugt. «Das würde auch die geistliche Dimension des Ganzen stärken.»

Detlef Hecking zeigt sich ebenfalls von den «Gesprächen im Geist» überzeugt. Diese würden dabei helfen, «Ängste anzusprechen und hoffentlich auch aufzulösen». Etwa Ängste, die durch Veränderungen in der Kirche hervorgerufen würden. «Ein Teilnehmer erhielt viel Zustimmung, als er vom «Elefant im Raum: Angst» sprach: Angst vor Machtverlust, zum Beispiel.» Gute Gespräche führen laut Hecking zu einer «geschwisterlichen Kirche, in der Menschen aufatmen und leben können».

Konflikte synodal lösen

Edith Rey Kühntopf bringt eine weitere konkrete Idee in die hiesige Kirche mit. Sie hat in Rom an einem Workshop teilgenommen, bei dem Methoden versucht worden sind, «wie in Konfliktsituationen in synodaler Weise eine Entwicklung angestossen werden kann, in der die Konfliktparteien zu einem gemeinsamen Weg zustimmen können.» Diese Methode möchte sie gern hierzulande einführen.

Am Jubiläum der synodalen Teams in Rom vom 24. bis 26. Oktober nahmen rund 2000 Katholikinnen und Katholiken weltweit teil, darunter auch 23 aus der Schweiz. Der Anlass war ein erster Schritt zur Umsetzung der Ergebnisse aus dem weltweiten synodalen Prozess von Oktober 2024. (kath.ch)