Unverständnis über Stellenabbau beim RPI: «Bitte dreht uns diese Lebensader nicht ab»

Über 1300 Personen haben inzwischen die Petition zugunsten des Religionspädagogischen Instituts (RPI) in Luzern unterzeichnet. Viele davon haben sich auf der Petitionsplattform kritisch und besorgt zum Stellenabbau am Institut geäussert.

Über 500 Personen (Stand 17. Juni) haben auf der Plattform «openpetition.eu» festgehalten, warum sie die Petition gegen die Sparmassnahmen beim Religionspädagogischen Institut (RPI) in Luzern unterzeichnet haben. Die Sparmassnahmen, die auch einen Abbau von Dozentinnenstellen zur Folge hatten, werden dem Institut von Seiten der Theologischen Fakultät auferlegt.

Leute von der Basis

Ein Blick auf die Kommentare zeigt: Viele kirchlich engagierte Menschen machen sich Sorgen wegen der Sparmassnahmen. Oft sind es Absolventinnen und Absolventen des RPI oder des Katechetischen Instituts, wie die 1964 gegründete Ausbildungsstätte früher hiess. Oder Theologinnen und Theologen. Meist Leute, die an der Basis arbeiten. Ebenso äussern sich ehemalige RPI-Dozentinnen und -Dozenten und auch einige bekannte Persönlichkeiten.

«Praxisnähe» gefährdet

In zahlreichen Voten wird auf die Praxisnähe der Ausbildung am RPI hingewiesen, ein grosser Pluspunkt, den die Sparmassnahmen gefährdeten. «Das RPI steht für eine Ausbildung kirchlicher Mitarbeitender, die theologisch fundiert und praxisnah ist. Es hat viele Frauen und Männer ausgebildet, die kirchliches Leben mitgeprägt und auch als Persönlichkeiten überzeugt haben», schreibt etwa Daniel Kosch, Theologe und ehemaliger Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Das alles werde «ohne vorgängigen transparenten Strategieprozess aufs Spiel gesetzt», kritisiert Kosch. «Es bleibt das ungute Gefühl, dass das ‹nicht-akademische› RPI bluten muss, weil so schmerzhafte Einschnitte im akademischen Bereich vermieden oder wenigstens hinausgezögert werden können.» Die Besonderheit des RPI liege «gerade in der professionellen Praxisnähe und -reflexion, was das RPI von akademischen Ausbildungen unterscheidet», findet die Theologin Franziska Loretan-Saladin, ehemalige Lehrbeauftragte für Homiletik an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern.

Basis der Arbeit in den Pfarreien

Das RPI sei für ihn «das grosse Plus der Theologischen Fakultät in Luzern: Menschlichkeit, theologische Kompetenz und Praxisbezug kommen hier zusammen», schreibt Privatdozent Alexander Maier. Kürzungen würden diese Kompetenz riskieren. Das RPI aufzugeben «wäre für die Schweizer katholische Kirche ein grosser Verlust», ist Maier überzeugt.

Gabriela Lischer ist Theologin und leitet den Seelsorgeraum Sarnen im Kanton Obwalden. Eine «adäquate, praxisnahe, praktikable und fundierte Ausbildung für Religionslehrpersonen ist eine Basis unserer Arbeit in den Pfarreien», schreibt sie. «Bitte dreht uns diese Lebensader nicht ab!»

«Lebensnahe Ausbildung» auch für Quereinsteiger

Die Ausbildung am RPI spreche eine «breite Zielgruppe» an, Menschen mit unterschiedlichen Lebensläufen, beruflichen Hintergründen und Glaubensbiografien, schreibt die RPI-Absolventin Daniela Gschwend aus Seewis-Pardisla GR. Sie ermögliche, dass auch Quereinsteiger sich qualifiziert in der Kirche engagieren können. «Ich wäre in der Pfarreiarbeit oft geschwommen, hätte ich ‹nur› das Theologiestudium im Rucksack gehabt.»

Jacqueline Meier aus Walchwil ZG hat zunächst die Ausbildung am RPI gemacht und später Theologie studiert. Sie profitiere noch heute von der Ausbildung an dem Institut. «Ich wäre in der Pfarreiarbeit oft geschwommen, hätte ich ‹nur› das Theologiestudium im Rucksack gehabt. Ich glaube, meine breite Ausbildung macht mich zu einer besseren Seelsorgerin», ist sie überzeugt.

Nadia Rudolf von Rohr aus Morschach SZ führt die Geschäftsstelle der Franziskanischen Laienordens in der Deutschschweiz. Auch sie ist überzeugt, dass eine RPI-Ausbildung über einen Pluspunkt verfügt. «Wir brauchen gut ausgebildete, theologisch versierte Menschen mit einem Fokus auf den Praxisalltag. Das vermag der Masterstudiengang Theologie nicht gleichermassen zu leisten. Wir brauchen das RPI», schreibt sie.

Viel Unverständnis

In einigen Voten kommt viel Unverständnis über die Sparmassnahmen zum Ausdruck. Der Theologe Winfried Bader spricht von einem «Akt der Unvernunft, eine bewährte Ausbildungsstätte für ein dringend benötigtes Berufsbild so zu reduzieren.» Er hoffe, dass die Petition die Entscheidungsträger wieder zu Vernunft und Sachverstand bringe.

Mäggie Marinelli Stäuble schreibt, Religionspädagogen seien für die Pfarreien «unverzichtbar». Einige Akademiker der Theologischen Fakultät würden die Schweizer Pfarreien-Landschaft aber nicht kennen. Wie sollen diese die Studierenden des RPI gründlich für die Praxis in den Pfarreien vorbereiten, fragt die Religionspädagogin aus Embrach ZH.

«Diese Ausbildung kaputt zu sparen, scheint mir in Zeiten von mangelndem Kirchenpersonal sehr kurzsichtig, und es empört mich», so Marinelli Stäuble. Sie findet hingegen, bei den drei theologischen Fakultäten bestehe durchaus noch «Optimierungsbedarf». Auch andere bringen die theologischen Fakultäten ins Spiel. «Drei theologische Fakultäten werden betrieben und ein RPI wird gestrichen.»

Angelo Lottaz zeigt sich «entsetzt»: «Drei theologische Fakultäten werden betrieben und ein RPI wird gestrichen.» Eine Institution, «die sterben wird, wenn es ihr nicht gelingt, Menschen anzusprechen und zu gewinnen, eliminiert vorsätzlich den Ort, wo diese existentiell wichtigen Fragen der Vermittlung, der Praxisgestaltung, der Mission im weitesten Sinne professionell reflektiert werden, wo Mitarbeitende für die Praxis ausgerüstet werden – und stellt das Personal mit einem immensen Wissensschatz auf die Strasse», kritisiert er. «Ich verstehe es weder als Psychologe noch als Theologe noch als Kirchensteuerzahler und kriege langsam Kopfweh vor lauter Kopfschütteln.»