«Zurzeit wird kirchliches Spitzenpersonal gesucht»

Zurzeit sind viele Stellen vakant: angefangen von Weihbischöfen in Basel und Chur über kirchliche Kaderstellen bis hin zu Lehrstühlen in Chur, Freiburg und Luzern. Eine Übersicht.

Raphael Rauch

Manfred Belok

Der Professor für Pastoraltheologie und Homiletik an der Theologischen Hochschule Chur ist 69 Jahre alt. Seine Stelle war letztes Jahr ausgeschrieben und wird auf das Herbstsemester 2022 besetzt. Laut Rektor Christian Cebulj ist das Verfahren «längst abgeschlossen». Wann die Ernennung verkündet wird, ist unklar. Der aus Deutschland stammende Belok ist seit 2003 in Chur. Er ist auch Mitglied der Fortbildungskommission des Bistums Chur, im Trägerverein des Theologisch-pastoralen Bildungsinstituts (TBI) und Beirat der Abteilung «Grundfragen und -aufgaben der Pastoral» des Bischöflichen Generalvikariates Aachen.

Joseph Bonnemain

Der neue Bischof von Chur muss sein Amt als Offizial und als residierender Domherr abgeben. Wer neuer Offizial wird, ist unklar. Laut Kirchenrecht muss es ein Priester sein – und hier ist die Personaldecke besonders dünn. Vize-Offizial Martin Grichting zieht sich von allen Aufgaben zurück; die Ernennung des Generalvikars des reaktionär geführten Erzbistums Liechtenstein, Markus Walser, wäre ein Affront.

Offizialatsgemeinschaft mit Basel oder St. Gallen?

Viele – auch kath.ch – sind davon ausgegangen, dass der Präventionsbeauftragte Stefan Loppacher neuer Offizial wird. Doch die Zeit spricht nun gegen Loppacher: Hätte Bischof Joseph Bonnemain ihn ernennen wollen, so hätte er das wohl längst getan. Bonnemain dürfte hier auch Rücksicht auf das duale System nehmen: Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding hat klargestellt, dass sie Loppacher nur ungern als Präventionsbeauftragten verlieren würde. Möglich ist, dass Bischof Joseph Bonnemain eine Offizialatsgemeinschaft aufgleist – etwa zusammen mit dem Bistum St. Gallen oder dem Bistum Basel. Der Offizial des Erzbistums Hamburg ist beispielsweise auch Offizial des Bistums Osnabrück.

Marian Eleganti

Mit der Ernennung von Joseph Bonnemain zum Bischof von Chur wurde zugleich der Rücktritt des umstrittenen Weihbischofs Marian Eleganti bekannt. Auf die Frage, ob das Bistum Chur einen Weihbischof brauche, sagte Joseph Bonnemain zu kath.ch: «Ich habe mich noch nicht entschieden. Es ist gut, Weihbischöfe zu haben, etwa für Firmungen. Und wir brauchen Bischöfe für die Bischofskonferenz. Die Aufgaben in der Bischofskonferenz sind vielseitig und es gibt eine Unmenge von Ressorts. Jetzt mit den Rücktritten von Weihbischof Denis und von Weihbischof Marian sind wir ein kleines Gremium. Die Kräfte reichen nicht aus, um alle Aufgabe wahrzunehmen.»

Bonnemain: «Ich bin völlig offen»

Auf die Frage, ob das bedeute, er wolle zwei Weihbischöfe, sekundierte der Bischof: «Das habe ich nicht gesagt. Ich bin völlig offen. Ich schaue, was angebracht und sinnvoll ist.» Als möglicher Kandidat für das Amt des Weihbischofs gilt Domherr Andreas Rellstab. Bischof Joseph Bonnemain hat vor ein paar Tagen erst Rellstab als Pfarrer des Seelsorgeraums St. Anton–Maria Krönung in Zürich bestätigt.

Gilles Emery

Der Dominikaner ist seit 1997 Professor für Dogmatik an der Uni Freiburg. Seine Forschungsbereiche sind trinitäre Theologie, Theologie der Schöpfung und die Theologie des Thomas von Aquin. Die Stelle wurde letztes Jahr ausgeschrieben und soll zum 1. August 2021 besetzt werden.

Giuseppe Gracia

Dem Bistum Basel wurde er irgendwann zu reaktionär – doch bei den Konservativen im Bistum Chur fand er Anklang: Bistumssprecher Giuseppe Gracia war jahrelang das Sprachrohr des Bistums Chur. Gracia betrieb eine einseitige Informationspolitik: Medienanfragen kritischer Journalisten wie etwa der «Rundschau» blockierte er aus Prinzip. Umso mehr hofierte er konservative Medien wie die umstrittene «Tagespost». Geschickt verstand er es, sich als konservative Marke zu verkaufen, die auch Romane schreibt und im «Blick» alle 14 Tage eine Kolumne veröffentlicht.

Statt dem Bischof sprach nur noch Gracia

Während die Stimme der Bischöfe Vituos Huonder und Peter Bürcher in der Öffentlichkeit verstummte, war von Giuseppe Gracia immer etwas zu hören. «Er hat sich zur Personifizierung des Bistums emporgeredet, er ist die Visibilität, die Sichtbarkeit der Diözese Chur», kritisierte 2015 der heutige Präsident der Medienkommission der Schweizer Bischofskonferenz, Mariano Tschuor, und fragte: «Wozu braucht es überhaupt eine Bischofsweihe, wenn ein Laie das Hirtenamt wahrnimmt?» Interimshalber haben Arnold Landtwing, Sprecher des Zürcher Generalvikariats, und Simon Spengler, Bereichsleiter Kommunikation des Synodalrates, Bonnemains Medienarbeit übernommen.

Detlef Hecking

Seit 2012 leitet der aus Deutschland stammende Detlef Hecking (Jahrgang 1967) die Bibelpastorale Arbeitsstelle des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks in Zürich. Dort setzte er nicht nur mit aktuellen Themen wie «Flucht und Migration» Akzente, sondern auch mit pastoralen Herausforderungen wie dem Kindstod: Hier ist seelsorgliches Fingerspitzengefühl ganz besonders gefragt. 2019 ist in zweiter Auflage eine Arbeitshilfe mit dem Titel erschienen: «Wenn Geburt und Tod zusammenfallen: Arbeitshilfe für Seelsorgende bei Kindsverlust». Detlef Hecking hat diese zusammen mit Clara Moser verfasst. Von 1. September 2021 wechselt er ins Team der Abteilung Pastoral im Bistum Basel. Seine Nachfolge dürfte bald bekanntgegeben werden.

Stephanie Klein

Seit 2008 ist die aus Deutschland stammende Stephanie Klein (64) Professorin für Pastoraltheologie an der Universität Luzern. Seit 2017 ist sie Mitglied des Katholischen Seelsorgerats des Kantons Luzern, seit 2018 Vizepräsidentin der Arbeitsgemeinschaft Praktische Theologie und Schweiz. Von 2009–2020 war sie Mitglied im Priesterrat und im Rat der Diakone und Theologinnen im Bistum Basel. Ihre Nachfolge ist zum 1. Februar 2022 ausgeschrieben – allerdings nur als 75-Prozent-Stelle. Die Bewerbungsfrist lief am 11. April ab. Das Vorsingen – so heissen Berufungsvorträge  im Uni-Jargon – findet «voraussichtlich am 11. Oktober statt, wenn die Lage es zulässt im Präsenzmodus», teilt Dekan Robert Vorholt mit.

Martin Klöckener

Letztes Jahr erhielt der Liturgie-Professor Martin Klöckener anlässlich seines 65. Geburtstags eine Festschrift. Klöckener gehört zu den wenigen Theologen in der Schweiz, die kirchliche Tagespolitik zeitnah einordnen können. So verteidigt er mit grosser Leidenschaft die liturgischen Errungenschaften des II. Vaticanums. Seine Stelle ist zum 1. August 2022 ausgeschrieben. Bewerbungen waren bis zum 15. März möglich. Wann die Berufungsvorträge stattfinden, ist unklar.

Dominikus Kraschl

Auf Twitter polemisiert Dominikus Kraschl auch gegen Papst Franziskus. Warum der umstrittene Franziskaner Dominikus Kraschl seine Stelle als Philosophie-Professor an der Theologischen Hochschule Chur gekündigt hat, ist unklar. Er hatte sie erst 2018 angetreten und ist mit Jahrgang 1977 weit entfernt vom Pensionsalter. Eigentlich wollte Kraschl an der Hochschule des ebenfalls umstrittenen Kardinals Woelki in Köln lehren – doch laut Website ist dort bis heute kein Ruf erfolgt. Das Churer Professorium scheint über Kraschls Abgang nicht unglücklich zu sein. Seine Nachfolge ist «auf das Herbstsemester 2022 oder nach Vereinbarung neu zu besetzen». Laut Ausschreibung endete die Bewerbungsfrist am 31. Mai. Wann die Berufungsvorträge stattfinden, ist unklar.

Wolfgang Müller

Der aus Deutschland stammende Wolfgang Müller ist seit 2001 Professor für Dogmatik und Leiter des Ökumenischen Instituts an der Universität Luzern. Der Dominikaner hat einen bekannten Doktorvater: Kardinal Gerhard Ludwig Müller, ehemaliger Präfekt der Glaubenskongregation. Müllers Nachfolge wurde zum «nächst möglichen Zeitpunkt» ausgeschrieben, Bewerbungsschluss war am 28. März. Wann die Berufungsvorträge stattfinden, ist unklar.

Das Ökumenische Institut der Theologischen Fakultät wird laut Wolfgang Müller nicht mehr mit einem Ordinariat verbunden sein. Stattdessen übernimmt voraussichtlich Nicola Ottiger die Leitung. Die promovierte Theologin arbeitet am Religionspädagogischen Institut (RPI) in Luzern und könnte, sofern die Gremien zustimmen, das Ökumenische Institut mit dem Titel einer Honorarprofessorin leiten.

Marcel Notter

Nach zwölf Jahren hört Marcel Notter (52) als Generalsekretär der Landeskirche Aargau auf. Die Stelle ist über einen Headhunter ausgeschrieben. Mit einem neuen Verfahren zur Mitgliederverwaltung wurde Notter Trendsetter – über den Aargau hinaus. Notters Amtszeit trübt der nach wie vor ungelöste Wasserschloss-Konflikt und die nicht immer glückliche Kommunikation der Landeskirche. Anders als die offensiven Kontrahenten Daniel Ric und Pater Adam Serafin wirkte diese stets defensiv.

Michael Sherwin

Der aus den USA stammende Dominikaner Michael Sherwin ist Professor für Moraltheologie an der Universität Freiburg. Zuvor lehrte er im kalifornischen Berkeley. Als Forschungsschwerpunkte nennt er auf seiner Website «die Psychologie der Liebe, Tugendethik und moralische Entwicklung». Er versuche, Thomas von Aquin in Beziehung zu seinen biblischen und patristischen Quellen zu lesen. Seine Nachfolge ist zum 1. Februar oder zum 1. August 2022 ausgeschrieben. Bewerbungen waren bis zum 15. März möglich. Wann die Berufungsvorträge stattfinden, ist unklar.

Hans Ulrich Steymans

Seit 2004 ist der aus Deutschland stammende Dominikaner Hans Ulrich Steymans Professor für Altes Testament in Freiburg. Er ist Mitglied des Aufsichtsrats im Verein « Oeku Kirche und Umwelt », Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung « Bibel+Orient » und Vorsitzender des Arbeitskreises der katholischen Exegetinnen und Exegeten der Schweiz. Von 1997 bis 2002 war er Provinzial der Dominikanerprovinz St. Albert in Süddeutschland und Österreich. Seine Nachfolge ist zum 1. August 2022 ausgeschrieben. Bewerbungen waren bis zum 15. März möglich. Wann die Berufungsvorträge stattfinden, ist unklar.

Denis Theurillat

Mit 70 Jahren hat der Jurassier Denis Theurillat (70) fünf Jahre vor der obligatorischen Altersgrenze von 75 Jahren bei Papst Franziskus seinen Rücktritt eingereicht – und der Papst folgte seinem Wunsch. 20 Jahre lang diente er als Weihbischof im Bistum Basel und sammelte zuletzt bei Frauen Punkten, die in ihm einen aufmerksamen Gesprächspartner fanden. Seinen Ruhestand wird er bei den Baldegger Schwestern verbringen. Früher hatte das Bistum Basel zwei Weihbischöfe. Was Bischof Felix Gmür mit Blick auf einen oder zwei mögliche Weihbischöfe vorschwebt, wollte Sprecher Hansruedi Huber nicht kommentieren.

Peter Weskamp

Filme, Medien und Spielzeug für Religionsunterricht und Katechese – dafür steht «Relimedia». 20 Jahre lang hat Peter Weskamp (64) Kirchgemeinden, Pfarreien und Religionspädagogen beraten. Nun geht der Geschäftsführer in den Ruhestand. Das ökumenische Zentrum für Bildungsmedien «Relimedia» arbeitet für die gesamte Deutschschweiz. Den Hauptanteil der Finanzierung übernehmen die beiden Zürcher Landeskirchen. Seine Nachfolge wird in den nächsten Tagen kommuniziert.

«Allianz Gleichwürdig katholisch»

Ein weiterer Spitzenjob wird bald ausgeschrieben: Die Leitung der Geschäftsstelle der neu gegründeten «Allianz Gleichwürdig katholisch».

Ebenfalls zu besetzen sind zwei Posten im Churer Bischofsrat – für die Dossiers pastorale Entwicklung und Diakonie. Hinzu kommen fünf Vakanzen im Churer Domkapitel.