Jugend

Verzichten kann Freude machen

von Anna Trittibach

In diesem Artikel geht es nicht um den ­nervigen, unangenehmen, anstrengenden Aspekt von Verzichten. Es geht viel mehr darum, sich auf Kosten von etwas sehr Angenehmen Zeit für etwas zu nehmen, um das man sich sonst nicht so kümmert. Und das nenne ich Verzicht. 

Zum Beispiel verzichte ich seit fünf Jahren während der Fastenzeit auf Süssigkeiten. Nicht weil ich irgendeine Diät machen will, sondern weil ich eine Herausforderung brauche und mich von meinem gewohnten Alltag für eine bestimmte Zeit trennen möchte. Keine Schokolade, keine Bonbons und auch sonst nichts, was viel Zucker enthält. Von jetzt auf plötzlich verzichte ich auf viele Speisen, die ich sonst liebe. In mein Müesli am Morgen schneide ich ein paar Früchte mehr rein, um den sonst gewohnten Honig wegzulassen. Zum Dessert nach dem Zmittag kaufe ich mir am Kiosk weder ein Lollipop noch ein Schoggistängeli … ich bin ja eigentlich eh schon satt. Am Nachmittag esse ich, wenn ich ein bisschen Hunger habe, keine Saure Zunge, sondern Nüsse, die den Hunger schnell stoppen. Und zum Abendessen esse ich nicht wie gewohnt mein Brot mit Nutella, sondern Frischkäse. So wird mein Alltag durch Kleinigkeiten, die wegfallen oder ersetzt werden, vollkommen umgestellt.

In den ersten paar Tagen, manchmal auch Wochen, ist es immer sehr schwierig, den Vorsatz einzuhalten. Der Verzicht ist da und nervt. Aber nach dieser Anfangszeit wird es immer leichter und das Verzichten auf Süssigkeiten ist nicht mehr halb so schlimm. Mir geht es viel besser. Ich bin motiviert, mich zu bewegen und Sport zu machen. Auch auf meine Ernährung schaue ich besser und lerne neue Kombinationen und Rezepte kennen, die weniger Zucker haben. Nach den ersten paar Tagen oder Wochen, habe ich keinen Drang mehr, Süsses zu essen. Ich habe immer mehr Freude daran, mir und meiner Familie etwas Frisches zu kochen oder draussen joggen zu gehen. Aus dem Verzicht, der mir am Anfang so schwergefallen ist, ist jetzt eine Möglichkeit geworden, andere Erfahrungen zu machen, die meinen Alltag verändern. 

Jetzt ist es wieder so weit. Es ist wieder Fastenzeit und ich bin, wenn ihr das gerade lest, am Verzichten, und hoffentlich ist es schon nicht mehr nervig. Wenn euch jetzt beim Lesen etwas in den Sinn gekommen ist, was ihr gerne ändern oder worauf ihr mehr Aufmerksamkeit legen wollt, dann macht doch gerne mit. Nehmt euch mehr Zeit für etwas, das euch am Herzen liegt, und verzichtet im Gegenzug auf etwas. Das muss nicht wie bei mir das Süsse sein! Es könnte auch sein, dass jemand, der viel am Handy ist, sich selbst das Ziel setzt, eine tiefere Bildschirmzeit zu haben und dafür mit Freunden etwas zu unternehmen, mit der Familie ein Spiel zu spielen oder ganz banal, aber auch schön, ein Buch zu lesen. Es wird für euch garantiert eine erfreuliche Erfahrung sein, und die holprige ­Anfangszeit wird sich auf jeden Fall lohnen. Also fragt am besten jemanden der auch mitmacht, so dass ihr euch austauschen und motivieren könnt … und dann: Los gehts!