Schwerpunkt

Agrarökologie:

lokale Antworten auf globale Krisen

von Fastenaktion/HEKS

Die Klimakrise führt weltweit zu mehr Hunger. Die am Aschermittwoch gestartete Ökumenische ­Kampagne von Fastenaktion, HEKS und Partner sein fordert daher Klimagerechtigkeit und mehr ­politisches sowie individuelles Handeln in diesem Bereich. Einen Lösungsansatz, um den Welthunger zu bekämpfen, sehen die drei Organisationen in der Agrarökologie, welche zu einem ­bewussteren Anbau und Konsum von Lebensmitteln beiträgt. 

Seit einem Jahr wütet der Krieg in der Ukraine. Das verursachte Leid trifft nicht nur die ukrainische Bevölkerung, sondern auch die Menschen im globalen Süden. Denn der Krieg hat dort zu Nahrungsmittelknappheit und erhöhten Preisen von Grundnahrungsmitteln geführt. Dies erschwert den Zugang zu Nahrung für die ärmsten Menschen, ­welche aufgrund der Klimakrise bereits in einer prekären Ernährungslage sind. Rund zehn Prozent der Weltbevölkerung sind unterernährt, die Zahl steigt.

Klima und Lebensmittelproduktion beeinflussen sich gegenseitig. Der Anbau von Nahrungs­mitteln ist durch Klimaextreme wie Dürren, Überschwemmungen oder Wirbelstürme gefährdet. Dadurch ist das Recht auf Nahrung von Millionen von Menschen bedroht. Gleichzeitig verursacht die Art und Weise, wie heute Lebensmittel produziert werden, mehr als einen Drittel der schädlichen Treibhausgase. Es braucht einen Wandel hin zu einer ressourcenschonenden, umweltfreundlichen Landwirtschaft und einem lokalen, saisonalen Konsum, um die Treibhausgasbilanz des Ernährungssystems zu verbessern. 

Wer ernährt die Welt?
Das Versprechen der Agrarindustrie, die Welt zu ernähren, ist unrealistisch. Denn diese trägt nur knapp einen Drittel zur Welt­ernährung bei, braucht jedoch drei Viertel des verfügbaren Agrarlandes. Zum Vergleich: Kleinbäuerinnen und -bauern produzieren 70 Prozent der globalen Nahrungsmittel auf nur 25 Prozent der weltweit zur Verfügung stehenden Agrarfläche. Durch die Industrialisierung der Landwirtschaft hat sich seit 1990 der Ausstoss von Treibhausgasen in diesem Bereich verdoppelt. Der Ernährungssektor darf darum beim Thema Klimaschutz nicht aus den Augen gelassen werden. Einen Lösungsansatz sehen HEKS, Fastenaktion und Partner sein in der Agrarökologie. Dank agrarökologischen Methoden produzieren Bäuerinnen und Bauern qualitativ und quantitativ gute, gesunde Produkte, die ihre Ernährung und ihr Einkommen langfristig sichern und gleichzeitig die Biodiversität erhalten sowie Sorge zu der Umwelt tragen.

Die Rolle der Schweiz
Die drei Organisationen fordern deshalb, dass die Schweiz Verantwortung übernimmt und Agrarökologie fördert, beispielsweise indem sie ihre Handelspolitik so ausrichtet, dass sie der agrarökologischen Transformation und der Umsetzung des Rechts auf Nahrung dient. Die Länder im Norden sind Hauptverursacher der Klima­krise – die Leidtragenden sind die bedürftigsten Menschen in den Ländern des globalen Südens. Daher ist es unabdingbar, unser Handeln anzupassen. Die Schweiz muss ­ihren CO2-Ausstoss reduzieren und gesetzlich mehr Klimaschutz verankern. Aktuelle Krisen wie der Krieg in der Ukraine oder die Covid-Pandemie haben die Abhängig­keiten in der globalen Nahrungsmittelkette aufgezeigt. Auch die Klimakrise ist nur global lösbar. Wenn kleine, lokale Betriebe gestärkt werden, profitieren alle davon, in ökologischer, ökonomischer sowie sozialer Hinsicht.  

 

 

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Kenia: Gladys Amunga, Mitglied einer Solidaritätsgruppe in ihrem Küchengarten, den sie agrarökologisch bewirtschaftet. 

 

Die Ökumenische ­Kampagne in Kürze 

Fastenaktion und HEKS führen seit 1969 jährlich eine Ökumenische Kampagne in den sechs Wochen vor Ostern durch. Seit 1994 beteiligt sich auch Partner sein, das Hilfswerk der christ­katholischen Landeskirche. Die Ökumenische Kampagne hat zum Ziel, die Öffentlichkeit für die Ungerechtigkeiten zu sensibilisieren, die weltweit über 800 Millionen Menschen in Hunger und Armut führen. Diese Realität zu erkennen, genügt jedoch nicht. Deshalb zeigen die drei Werke Handlungsmöglichkeiten auf, das eigene Konsumverhalten zu verändern, Menschen in Süd­projekten mit einer Spende zu unterstützen oder sich an einer Aktion zu beteiligen – so wird die Ökumenische Kampagne zum Inbegriff gelebter Solidarität. Die Organisationen führen in verschiedenen Ländern des globalen Südens Entwicklungs- und Klimaprojekte durch und fordern unter anderem das Recht auf Nahrung für alle sowie Klimagerechtigkeit.

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Guatemala: Don Alonso in seiner Parzelle, auf der er agrarökologische Landwirtschaft betreibt. 

 

Was hat der Klima­wandel mit dem ­Glauben zu tun? 

Das diesjährige Hungertuch «Was ist uns heilig?» des nigerianischen Künstlers Emeka Udemba und die Fastenkampagne 2023 haben neben einer ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Dimension auch eine religiöse Seite: In den zwei ersten Kapiteln des Buches Genesis im ersten Buch des Ersten Testaments wird von der Bestimmung des Menschen erzählt, auf die Schöpfung zu achten, sie zu bebauen und sie zu bewahren. Oder anders gesagt: Wir sollen dafür sorgen, dass auf unserer Erde Leben für alle möglich ist und dass alle genug zum Leben haben. So wird der Gottebenbildlichkeit des Menschen Rechnung getragen und jedem Mensch Recht getan und so Gerechtigkeit gelebt.

Die Fastenzeit lädt uns zu Besinnung und Umkehr ein, um so für sich selbst und für die Mitmenschen von nah und fern neues und besseres Leben zu ermöglichen. So dürfen wir uns fragen: In welchen Beziehungen lebe ich? Wo und wie nehme ich das gegenseitige Verbunden-Sein und das Voneinander-abhängig-Sein wahr? Wie fördere ich gutes Leben in mir selbst und im Zusammenleben mit meinen Mitmenschen? (Fastenaktion/ufw).