Editorial

Wer und was ist die Ortskirche?

Das Fest der Bischofsweihe von Josef Stübi bietet den guten Anlass, auf den wichtigen, aber auch etwas missverständlichen Begriff der Ortskirche einzugehen.

Erst seit dem 19. Jahrhundert ist der Papst der wirklich dominierende Amtsträger in der katholischen Kirche, gefördert durch das Aufkommen der Eisenbahn, der Zeitungen und der Fotografie. Der Papalismus «von unten» verschränkte sich dabei unter Pius IX. (1846–1878) mit dem Papalismus «von oben». Mit der Ausrufung des Unfehlbarkeitsdogmas und der vollen, höchsten und universalen Gewalt des Papstes im Ersten Vatikanischen Konzil von 1869/1870 wurde dieser Papalismus auf die Spitze getrieben.

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) korrigierte diese einseitige Sicht der Kirche, in dem die Bedeutung der Bischöfe im Bischofskollegium in Verbindung mit dem Bischof von Rom hervorgehoben wurde. Seit diesem Konzil, das eine gesunde «Verheutigung» der Kirche ermöglicht(e), gilt, dass die Universalkirche sich aus Ortskirchen, nämlich den einzelnen Diözesen, zusammensetzt: «In ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche» (LG 23).

Unter der Leitung des Bischofs, der seinerseits die Verbindung mit der Gesamtkirche garantiert, werden in einer Diözese die drei kirchlichen Grundvollzüge gelebt: (1) das Glaubenszeugnis durch alle Gläubigen (!), (2) die Liturgie, und (3) die ebenso bedeutsame Diakonie, der Dienst an den Menschen, besonders gegenüber den Armen und Hilfsbedürftigen.

Wer Christ sein will, ist eingeladen, diesen Glauben in allen drei Dimensionen im Rahmen seines Bistums zu leben. Damit sind wir als Gläubige in einer Pfarrei oder in einer Ordensgemeinschaft automatisch über uns hinaus verwiesen. Wer nur den eigenen Kirchturm sieht oder nur auf der weltkirchlichen Ebene «schwebt», verpasst die Ortskirche, den wichtigsten kirchlichen Lebensraum.

Das Fest der Bischofsweihe von Josef Stübi wie auch das 250-Jahr-Jubiläum der 1828 zur Kathedrale erhobenen St. Ursenkirche bieten die gute Gelegenheit, den Blick auf unsere eigene Ortskirche, die im Bistum Basel verwirklicht wird, zu lenken: Hier leben wir, hier glauben wir!

Urban Fink-Wagner