Jugend

Kurz vor dem Rand

von Daniele Supino

Ari ist siebzehn, macht eine Malerlehre und lebt in einem armen Quartier, das Feuerberg heisst. Ihr Vater hat ihr ein Tagebuch geschenkt, damit sie ihren Liebeskummer loswerden kann. Ari glaubt zwar nicht da-ran, schreibt aber trotzdem mit ihrer direkten, unsentimentalen Sprache über die letzten zwei turbulenten Wochen, die sie mit Tom verbracht hatte.

Dieser taucht eines Tages im Park, wo Aris Clique jeden Tag skatet, auf. Er ist neu in der Stadt, sieht blendend aus und ist ein richtig guter Skater. Alle – ausser Ari – mögen Tom. Er ist unterhaltsam und hat coole Ideen. Schon bald ist er mit Leyla zusammen, in die Aris Kumpel Yasin schon ewig unglücklich verliebt ist. Bei Ari ist er damit endgültig «gestorben». Aber irgendetwas stimmt mit Tom nicht. Als Ari ihn an Leylas Party in einer miesen Verfassung findet, spürt sie, dass er etwas mit sich herumschleppt, das grösser ist als der tragische Unfalltod seines Vaters, von dem er erzählt.

In den nächsten Tagen kommen sich Ari und Tom näher, und zwar an den seltsamsten Orten, so z. B. auf dem Fünf-Meter-Turm, wo sie sich vor der Polizei verstecken, als ihre Clique ins Schwimmbad einbricht. Und dann findet Ari Tom an einem Morgen schlafend in ihrem Treppenhaus, wo er ihr gesteht: «Ich bin immer der Arsch, der andere verletzt und enttäuscht.» Dann schlägt er vor, zusammen die ultrasteile Hauptstrasse beim Feuerberg hinunter zu skaten – eine Fahrt, die man nur mit viel Glück überleben kann… 

Die Geschichte ist mitreissend, ich habe sie in einem Zug gelesen! Wie Jugendliche ihre Grenzen ausloten, wie sie sich zum ersten Mal verlieben, wie sie mit der Alkoholsucht einer Mutter oder mit dem Verlust eines Vaters umgehen, das ist stark erzählt. Aber nicht nur die Jugendlichen haben es schwer, auch im Leben der Erwachsenen läuft vieles schlecht. Alle sind «kurz vor dem Rand» und versuchen herauszufinden, wie man etwas vom Leben hat, ohne von dem Rand runterzufallen. Oder wie es Ari sagt: «Vielleicht ist das beste Leben kurz vor dem Rand. Nicht zu weit weg, aber auch nicht drüber. Einfach kurz davor.»

Eva Rottmann wohnt mit ihrer Familie in Zürich, schreibt fürs Theater und Prosa und wurde für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Für «Kurz vor dem Rand» ist sie für den Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis 2024 nominiert worden. Die Preisverleihung findet im Rahmen der Solothurner Literaturtage am Samstag, den 11. Mai 2024, um 15 Uhr im Stadttheater Solothurn statt. 

rand cover

Eva Rottmann: Kurz vor dem Rand.
ISBN 978-3-96428-188-3
Jacoby & Stuart 2023; ab 14 Jahren