Bischof Gmür: «Unsere Kirchengemeinschaft braucht Umkehr und Busse»

Der Basler Bischof Felix Gmür sieht im Missbrauch von Macht und sexueller Gewalt ein eindeutiges Scheitern der Kirche. Eine Erkenntnis, die zur Umkehr fordere. In seinem Hirtenbrief schreibt Felix Gmür, woran Christinnen und Christen gemeinsam anknüpfen können, um dem Neuanfang eine Chance zu geben.

Der Hirtenbrief vom 21. Januar von Bischof Felix Gmür trägt den Titel «Umkehr und Neuanfang». Darin berichtet Gmür von Gesprächen mit Gläubigen, in denen Wünsche, Anregungen, Kritik, Unverständnis und Wut zum Ausdruck gebracht wurden. Seit der Veröffentlichung der Pilotstudie zum Missbrauch im Umfeld der Kirche hätten die Rückmeldungen «nochmals deutlich zugenommen».

Felix Gmür dankt für die vielfältigen Anregungen. Er sei darauf angewiesen, «immer wieder zu hören, was Ihnen unter den Nägeln brennt», schreibt er: «Um Sie so gut als möglich wahrnehmen zu können.»

In den Rückmeldungen höre er folgenden Grundtenor: «So kann es mit der Institution Kirche nicht weitergehen.» Er teile diese Einschätzung. «Wir brauchen einen Wandel. In der Sprache der Bibel heisst das Umkehr. Unsere Kirchengemeinschaft braucht Umkehr und Busse gleich wie die Menschen in Ninive», schreibt der Bischof, indem er auf die erste Bibellesung vom heutigen Sonntag Bezug nimmt.

Felix Gmür stellt fest, dass sich die Geister scheiden in der Frage, wie die synodale Erneuerung der Kirche aussehen könnte. Gleichzeitig zeigt er sich überzeugt, dass es möglich ist, «in diesem Prozess zu wachsen und an Tiefe zu gewinnen – als Christinnen und Christen und vor allem als Gemeinschaft». Im Gemeinsamen liege «unsere Stärke».

Wo aber liegt der gemeinsame Nenner, wo ist der Anknüpfungspunkt?, fragt Gmür. Weder die Geschichte von Ninive, wo der Prophet Jona zur Umkehr aufruft, noch das Evangelium des Tages lieferten eine Lösung. Doch

Jonas Rufe zur Umkehr war laut Gmür aus der Erkenntnis des Scheiterns und der Schuld motiviert. «Das Scheitern der Institution Kirche tritt mit den Machtmissbräuchen und der sexuellen Gewalt, die unsägliches Leid verursacht haben, klar zutage», stellt der Bischof fest. Und: «Diese Erkenntnis fordert Umkehr.» Die Hinwendung zu Gott, von der der Prophet spreche, schliesse die Hinwendung zu den Menschen, besonders die Sorge um die Betroffenen ein.

Erfahrung vom Reich Gottes

Im Evangelium wiederum stehe der Umkehrruf von Jesus auf dem Boden der Ankündigung der Heilsherrschaft Gottes. «Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an die Frohe Botschaft», lauteten die Worte Jesu. Die Erfahrung vom Reich Gottes gehe der Umkehr voraus und motiviere zur Umkehr, schreibt der Bischof. Sie schaue nicht wie bei Jona primär auf das Scheitern zurück, sondern sie hat bei Jesus ein Ziel, auf das sich die Gläubigen ausrichten: das Reich Gottes.

Und hier sieht Felix Gmür den gemeinsamen Anknüpfungspunkt für einen Neuanfang: in der Erfahrung von Gottes Wirken und seiner Kraft in unserem Leben. Jede und jeder Gläubige könne davon berichten, ist er überzeugt. «Es ist der Glaube und die Hoffnung auf das Gute, auf Jesus Christus und seine Botschaft, die uns alle verbindet.»

Verbindung der zwei Motivationen zur Umkehr

Gespräche mit Menschen im Bistum und an der Synode in Rom hätten ihm in den vergangenen Monaten bestätigt, dass sich dort vielversprechende Wege auftun, so sich die beiden Motivationen zur Umkehr aus den Bibellesungen verbinden: «Umkehr aus aufrichtiger Reue, schonungslosem Hinschauen und Einsicht wie bei Jona und Umkehr aus der Erfahrung, dass Gutes trotz allen Widrigkeiten möglich ist, weil nicht wir sie alleine machen, sondern Gottes Wille zu unserem Besten all unseren Bemühungen vorausgeht.»