Fastenkampagne: Weniger Spenden wegen Ukrainekrieg?

In der Schweiz ist die Solidarität mit den Opfern des Ukraine-Kriegs riesig. Die Glückskette sammelte bislang über 115 Millionen Franken. Bei Caritas Schweiz wurde der Spendenrekord von 2004 übertroffen. Die Kehrseite: Die Fastenkampagne hat weniger Spendengelder erhalten.

Unmittelbar nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar hat das katholische Hilfswerk Caritas Schweiz einen ersten Nothilfebeitrag gesprochen. Seither unterstützt es die Opfer des Kriegs mit Lebensnotwendigem. Die Glückskette lancierte eine Sammlung. Bislang kamen 115,13 Millionen Franken (Stand 2. Mai) zusammen. Die Organisation arbeitet mit mehreren Hilfswerken zusammen, darunter auch Caritas Schweiz.

Höchste Spendensumme bei Caritas seit Tsunami

Caritas Schweiz sammelt auch eigenständig Spenden, um die Nothilfe zugunsten der Kriegsopfer zu finanzieren. Den genauen Betrag kann Livia Leykauf, Leiterin Abteilung Kommunikation, nicht beziffern. Es kämen laufend Spenden für die Kriegsflüchtlinge in der Ukraine und den angrenzenden Ländern Polen, Moldawien und Rumänien herein, teilt sie auf Anfrage mit. Zurzeit seien «über 15 Millionen Franken» in der Kasse. Die Einnahmen brechen Rekorde. Leykauf schreibt: «Bereits einen Monat nach Kriegsbeginn wurde die bis dahin höchste Spendensumme erreicht.» Den Rekord von rund 11,8 Millionen Franken hielten bisher die Gelder zugunsten der Tsunami-Folgen im Indischen Ozean 2004. Und die Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern sei nach wie vor sehr gross, sagt Leykauf.

Fastenkampagne startete kurz nach Kriegsbeginn

Wenige Tage nach Ausbruch des Kriegs begann die Fastenzeit und damit die ökumenische Fastenkampagne, die sich heuer um die Klimagerechtigkeit drehte. Doch das Thema wurde allerdings medial vom Krieg überrollt. Da fragt sich: Ging die Fastenkampagne leer aus, weil die Menschen für die Kriegsbetroffenen spendeten? In der Tat verzeichnen involvierte Hilfswerke einen Rückgang bei den Spenden für die Fastenkampagne. Oder sie rechnen zumindest damit, wie eine Anfrage zeigt. Die Kampagne wird alljährlich von der katholischen Fastenaktion, dem Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz und dem christkatholischen Hilfswerk «Partner sein» organisiert.

Genaue Angaben können Fastenaktion und Heks zurzeit nicht machen. «Die Auswertung der Kampagne beginnt erst in diesen Tagen», teilt Dieter Wüthrich mit. Er ist Kommunikationsleiter bei Heks. Klar ist aber: «Die Spendenerträge waren infolge der Nothilfe für die Ukraine rückläufig.» Viele Kirchgemeinden hätten in den letzten Wochen «verständlicherweise vor allem zu Kollekten und Spenden für die Ukraine aufgerufen», hält Wüthrich fest.

Spendenrückgang von bis zu 20 Prozent bei Fastenaktion

Bei Fastenaktion rechnet man «vorsichtigerweise» mit einem Rückgang der Spenden für die Projekte im globalen Süden, teilt Seraina Stadler mit. Sie ist für die Kommunikation der Ökumenischen Kampagne zuständig. Die Einnahmen aus den Pfarreien würden oft erst im zweiten Quartal überwiesen. Im Vergleich mit den Vorjahren könnte der Rückgang bis zu 20 Prozent betragen. «Nun sind wir bereits zum dritten Mal in Folge mit einem drohenden Spendeneinbruch beschäftigt», stellt Stadler fest. In den vergangenen zwei Jahren habe Covid-19 mit Lockdowns während der Zeit der Fastenkampagne die Arbeit des Hilfswerks erschwert, 2022 nun der tragische Krieg in der Ukraine.

Stadler äussert jedoch Verständnis für den Effekt des Kriegs auf das Spenderverhalten. «Spenden ist ein emotionaler Akt. Alle möchten mit einem Beitrag etwas verbessern. Deshalb gehen die Aufmerksamkeit und die Emotionen auch dorthin, worüber die Medien berichten», schreibt sie und nennt explizit die Sammlung der Glückskette und die Berichterstattung über den Krieg.

Treue Spender

Trotz des Rückgangs der Einnahmen war Fastenaktion bislang aber nicht gezwungen, die Projektarbeit im globalen Süden zu kürzen. «Wir sind froh, dass wir treue Spenderinnen und Spender haben, die wissen, dass Entwicklung langfristig ist, und die unsere Projekte gegen Armut und Hunger unterstützen.» Stadler zeigt sich zufrieden darüber, dass das Hilfswerk nach der Aufhebung zahlreicher Corona-Massnahmen wieder in den Pfarreien präsent sein konnte. Dies habe es Fastenaktion ermöglicht, seine Arbeit und sein Engagement im Bereich «Klimagerechtigkeit» vorzustellen.

 

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