RKZ-Präsidentin Renata Asal-Steger: Landeskirchen könnten Kirchensteuern an Bischöfe stoppen

Renata Asal-Steger ist Präsidentin der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), der  Dachorganisation der römisch-katholischen Landeskirchen. Sie ist zudem  Synodalrätin der Luzerner Landeskirche. Letztere trägt mit Kirchensteuern zur Finanzierung des Bistums Basel bei.

Würden alle zehn Kantone, die dem Bistum einen Teil der Einnahmen aus der Kirchensteuer abliefern, bei diesem Boykott mitmachen, fehlten dem Bischof 3,8 Millionen Franken, sagte Asal-Steger in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». «Er könnte dadurch seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.»

Frauenbeteiligung, Gewaltenteilung und Sexualmoral

In dem Interview nahm die RKZ-Präsidentin Stellung zur Pilotstudie zum Missbrauch in der katholischen Kirche der Schweiz, die am Dienstag an der Universität Zürich vorgestellt worden war. Die grundlegenden Strukturen, die Missbrauchsfälle ermöglichten, müssten geändert werden, so Asal-Steger. «Die Frauenbeteiligung, die Gewaltenteilung im Kirchenrecht, die Sexualmoral. Das alles müssen wir überdenken, wenn wir das Problem lösen wollen.»

Sie ist auch Mitglied des RKZ-Gremiums, das Missbrauchsopfer der Kirche entschädigt. Der Maximalbetrag dafür belaufe sich auf 20’000 Franken. «Bei der Höhe hat man sich an Genugtuungszahlungen von staatlicher Seite orientiert. Aber es stimmt, im europäischen Vergleich ist das nicht besonders grosszügig», so die Synodalrätin.

Kirchgemeinden mitverantwortlich

Auch die staatskirchenrechtliche Seite trage eine Mitverantwortung an den ans Licht gekommenen Missbrauchsfällen, sagte Asal-Steger. «Die Anstellung der Priester und des erweiterten Personals liegt auch in der Verantwortung der Kirchgemeinden, also der staatskirchenrechtlichen Behörden. In der neuen Studie wird ein Beispiel aufgeführt, bei der eine Person weiterbeschäftigt wurde, obschon man wusste, dass sie bereits wegen eines Übergriffs verurteilt war.» Das Personalwesen müsse deswegen professionalisiert, der Informationsaustausch geklärt und die Aktenvernichtung unterbunden werden.

Die Zusammenarbeit zwischen Landeskirchen einerseits und Bischöfen und Äbten andererseits bezeichnete die Asal-Steger als Herausforderung. «Wir von der Landeskirche haben die Hoheit über die Kirchensteuern, deshalb sind wir mitverantwortlich dafür, was mit dem Geld gemacht wird. Man kann die beiden Seiten nicht so klar trennen.» Das führe manchmal zu Diskussionen, «aber diesen Wegen müssen wir nun mal gehen».

Kritik an Ermittlung durch Churer Bischof

Die RKZ-Präsidentin kritisierte, dass die vatikanische Voruntersuchung, die gegen einige Schweizer Bischöfe eingeleitet wurde, in den Händen des Bischofs von Chur liegt. Dieser muss nun gegen seine Kollegen ermitteln. «Das ist schon sehr fragwürdig und zeigt, dass die Machtfrage geklärt werden muss», so Asal-Steger. «Teilung und Kontrolle der Macht und transparente Verfahren sind unerlässlich.»

Abschaffung des Pflichtzölibats

Asal-Steger forderte zudem die Abschaffung des Pflichtzölibats in der katholischen Kirche. «Wer diese Lebensform für sich richtig findet, soll sie weiterhin leben dürfen, sie soll aber nicht mehr Pflicht sein für den Priesterberuf.»

Katholische Kleriker und Ordensangehörige haben in der Schweiz in den vergangenen 70 Jahren mindestens 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen. Das zeigte die am Dienstag veröffentlichte historische Pilotstudie. (sda/bal)